Emil wird sterben. Es ist das Erste, was Ansel über ihn erfährt, als er ihn bei seinem Praktikum auf der Intensivstation kennenlernt. Eine Tatsache, die sich nur zu leicht ignorieren lässt, während sich die beiden Hals über Kopf ineinander verlieben und sich in ihrem gemeinsamen Universum verlieren. Da zählt nur noch Emils Wunsch, den Ansel erfüllen möchte: einen Roadtrip bis nach Schottland. Auf dieser Reise wächst Ansel über sich hinaus und ist schließlich doch kein bisschen bereit für das Unausweichliche … (Klappentext)
Als dieses Buch erschien, habe ich es überall gesehen. Doch ich war unsicher. „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“, „Mein bester letzter Sommer“, „Bevor ich sterbe“ – been there, done that. Brauche ich noch eine Geschichte über einen sterbenden Jugendlichen? Ich habe mich entschieden, dass ich das nicht brauche und kaufte das Buch nicht. Aber nun so als Hörbuch…
Doch es ging schon früh los, dass das Buch für mich ganz viel an Boden verlor und ich zwischendurch sogar überlegte, abzubrechen. Emil kommt frisch aus dem OP, ist noch vollkommen zerstört. Und Ansel sieht ihn und verliebt sich direkt? In einen todkranken Jungen, der noch halb im Delirium ist? Auf welcher Grundlage verliebt man sich da? Vor allem auch, weil Ansel weiß, dass Emil keine Chance mehr hat. Als Emil dann auf die Normalstation verlegt wird, verfolgt Ansel ihn quasi und fragt sich die ganze Zeit, was er da eigentlich tut. Und ich habe mich das ohne Witz auch gefragt. WAS TUST DU DA? Klar, sie hatten sich gut verstanden, nicht verabschiedet – dies das – aber ehrlich. Das war mir zu doll.
Und natürlich, auch Emil hat sich direkt in den süßen Praktiken verliebt und findet es toll, dass er plötzlich und unerwartet besucht wird. Warum Emil Ansel süß findet, habe ich jedoch null verstanden. Der Typ hat keinerlei Selbstbewusstsein, dafür aber allerhand Selbstzweifel. Super schüchtern, unscheinbar und trotzdem auf seltsame Weise creepy. So ein richtiger Lappen.
Die Sache mit der Reise der beiden war dann einfach auch weder spannend noch besonders schön. Es war einfach ein klassisches Element.
Insgesamt war das Buch von vorn bis hinten vorhersehbar, vollkommen ohne Überraschungen und klischeebeladen. Die Dialoge zwischen den beiden Jungs haben mir auch absolut nicht gefallen. Sie waren so übertrieben kitschig und auf jugendlich verliebt gemacht, dass ich mich zum Teil echt fremdgeschämt habe.
Klar kamen mir auch ein paar Tränen. Aber das waren kalkulierte Emotionen. Das nehme ich der Autorin fast ein bisschen übel. Es hat mich generell aber nicht so getroffen, wie es hätte können.
Was ich ein bisschen gut fand, war Emil. Der hat mir gefallen. Er war klug, ambitioniert, lieb, überlegt und ein starker Charakter (warum er sich dann Ansel antut, verstehe ich nicht). Aber der Rest ist bei mir total durchgefallen. Man hätte so eine schöne queere Liebesgeschichte schreiben können und dann wird alter Kaffee aufgewärmt und mit eklig viel Kitsch angereichert.
Sarah Sprinz – In unserem Universum sind wir unendlich
Thienemann Verlag, (19. August 2019)
ISBN 3522202783
432 Seiten / 9 Stunden 29 Minuten
Gebunden; 16,00 Euro