Mariana Leky – Was man von hier aus sehen kann [Hörbuch]

Immer, wenn der alten Selma im Traum ein Okapi erscheint, stirbt am nächsten Tag jemand im Dorf. Wen es treffen wird, ist allerdings unklar. Davon, was die Bewohner in den folgenden Stunden fürchten, was sie blindlings wagen, gestehen oder verschwinden lassen, handelt dieser Roman. Vor allem aber erzählt er von Menschen, die alle auf ihre Weise mit der Liebe ringen: gegen Widerstände, Zeitverschiebungen und Unwägbarkeiten – ohne jemals den Mut zu verlieren. (Klappentext)

Am 29. Dezember 2022 kam „Was man von hier aus sehen kann“ in die deutschen Kinos. Im Zuge dessen habe ich ein Paket mit dem Buch und Hörbuch als Rezensionsexemplar erhalten. Anders als das Bild – der Einheitlichkeit halber – zeigt, habe ich das Hörbuch deswegen als MP3 gehört.

Luise lebt mit ihren Eltern im Westerwald, ganz nah bei ihrer Oma Selma, die vorhersagen kann, wenn jemand stirbt. Denn die Nacht zuvor hat sie von einem Okapi geträumt. Nun war es wieder soweit und die Menschen tun all das, wozu ihnen sonst der Mut, die Zeit oder die Motivation fehlt. Alles in der Gewissheit: Es wird jemanden aus ihrer Mitte treffen.

„Das Buch ist besonders“, habe ich immer wieder gehört. Und nun kann ich bestätigen: Das ist es. Aber ich habe Angst, dass ich nicht genau erklären kann, warum genau. Denn es ist von allem ein bisschen. Die Sprache mit den kurzen Sätzen, den wiederkehrenden Motiven, dem trockenen Humor. Die Geschichte mit dem Okapi. Die Atmosphäre in dem kleinen Dorf. Die übersinnlichen Dinge, denen niemand richtig Beachtung schenkt. Die Figuren, die ein bisschen schrullig und ein bisschen normal, ja fast langweilig sind. Luise, Selma, Martin, der Optiker, Elsbeth, Palm, der Einzelhändler, Marlies, der Mönch, Alaska.

Man folgt vor allem Luises Familie, ihr und ihrer Oma, ein bisschen ihrem Vater und ihrer Mutter. Ein bisschen mehr ihrem besten Freund. Sie ist zehn Jahre alt und dann ist sie zwanzig Jahre alt. Dazwischen passiert wenig und doch so viel. Es sterben Leute. Und vor allem, weil der Personenkreis zwar recht groß, aber eben doch überschaubar ist, kommt es überraschend und tut auch ein bisschen weh, jemanden aus dem Dorf gehen zu lassen.

Doch ehrlicherweise – trotz allem – hätte ich mir noch ein bisschen mehr Okapi gewünscht. Ich hatte erwartet, dass hier ein größerer Fokus liegt. Auf den Überraschungen, der Angst und Hektik vorweg. Aber so ist es nicht. Ein Fokus liegt vor allem auf dem Zwischenmenschlichen. Der Umgang mit Verlust. Das Entfernen voneinander und aneinander festhalten. Vor allem auch auf dem Finden. Sich selbst und einander.

Was es mir aber sehr schwer gemacht hat, war die Sprecherin. Wie eingangs erwähnt, hörte ich das Buch nicht auf einem Hörbuchportal, sondern über die erhaltene MP3-Version und die konnte ich nicht in schnellerer Geschwindigkeit hören. In Normalgeschwindigkeit klang sie gelangweilt, genervt, niedergeschlagen und auch zu alt dafür, dass Luise erst zehn und dann zwanzig war und ich sie schon als Hauptfigur empfand. Vor allem am Anfang machte die Stimme es mir sehr schwer, in das Buch hineinzufinden. Erst nach und nach konnte ich mich darauf besser einlassen.

Ich kann mich nur wiederholen: Das Buch strahlt eine Besonderheit aus, die man so selten zu lesen bekommt. Trotz alledem hätte ich mich gern noch mehr in den Emotionen verloren. Es war manchmal ein bisschen lustig und manchmal ein bisschen traurig, aber alles blieb etwas gedämpft. Und auch wenn dieses Damoklesschwert über dem Dorf hängt, schaffte es gar nicht, deutliche Spannung hervorzurufen. Aber für all den Rest lohnt sich das Buch wirklich.

Was man von hier aus sehen kann
DuMont, (19. August 2019)
ISBN 383216457X
320 Seiten / 8 Stunden 2 Minuten
Taschenbuch; 13,00 Euro

Print und Hörbuch als kostenloses Rezensionsexemplar

Nickolas Butler – Shotgun Lovesongs [Hörbuch]

Little Wing im Norden Wisconsins. Henry und Beth waren schon in der Schule ein Paar und haben ihren Heimatort nie verlassen. Sie kämpfen um ihre Farm und unterstützen ihren Freund Ronny, der nach einem schweren Unfall vom Rodeo-Star zum Alkoholiker wurde. Kip war als Rohstoffmakler in Chicago erfolgreich. Nach seiner Hochzeit will er in seiner alten Heimat neu beginnen, findet dort aber nur schwer Halt. Lee hat ein Album aufgenommen – Shotgun Lovesongs – und wurde damit zu einem international gefeierten Star. Auch ihn zieht es zurück nach Little Wing, zu seinem besten Freund Henry und dessen Frau Beth, mit der ihn mehr als eine Freundschaft verbindet. In einem unvorsichtigen Moment setzt er alles aufs Spiel. (Inhaltsangabe)

Schon lange steht das Buch in meinem Regal und umso länger es da stand, umso weiter entfernte ich mich von ihm. Doch nun habe ich es kurzerhand gehört.

Die vier Freunde Henry, Ronny, Kip und Lee kennen sich schon ihr Leben lang. Bis auf Henry waren sie alle hinaus in die Welt gezogen, wurden Sportler, Musiker oder erfolgreich in der Wirtschaft. Doch aus verschiedenen Gründen zog es sie alle zurück in die Heimat, zurück nach Little Wing, wo die Uhren anders ticken. Wo Hochzeiten in Scheunen gefeiert werden und die größte Attraktion die alte Mühle ist. Doch sie halten zusammen, aus Freundschaft, aus Verpflichtung, aus Gewohnheit, aus Liebe.

Das Buch wird aus der Sicht der vier Männer und Beth, Henrys Ehefrau, erzählt. Das Hörbuch wird auch von fünf verschiedenen Sprechern gesprochen, wobei ich den Sprecher von Ronny herausragend fand. Durch einen Rodeo-Unfall hat Ronny leichte Einschränkungen zurückbehalten, sein Alkoholismus macht es nicht besser. Das wurde super rübergebracht.

Das Buch bespricht kein konkretes Problem, zieht sich an keinem bestimmten Konflikt lang. Es geht eher darum, wie das Leben so spielt. Wie es halt so ist mit Anfang 30, Beziehungen werden geschlossen und gehen auseinander, die Freundschaften entfernen sich und werden auf die Probe gestellt, es geht ums Kinderkriegen und Heiraten, darum, was man im und vom Leben möchte.
Das Buch beschreibt dabei eine Zeitspanne von gut zwei, drei Jahren.

Ich fand es nett, aber auch nicht besonders spannend. Es war eher die Atmosphäre, die mir gefiel. Diese Gemütlichkeit der kleinen Stand, das Zusammensein und die Freundschaft. Ich war an sich gern bei den fünf, so richtig viel gegeben hat mir das Buch aber nicht.

Nickolas Butler – Shotgun Lovesongs
Originaltitel: ‎ Shotgun Lovesong (März 2014)
Heyne, 9. März 2015
ISBN 3453437829
432 Seiten / 6 Stunden 53 Minuten (gekürzte Version)
Taschenbuch; 10,99 Euro

Print als kostenloses Rezensionsexemplar erhalten

Taylor Jenkins Reid – Carrie Soto is back [Hörbuch]

Jedes Spiel hat seinen Preis. Und Carrie Soto ist bereit, alles zu geben

Carrie Sotos eiserner Wille und unbarmherziger Ehrgeiz haben sie zur größten Tennisspielerin aller Zeiten gemacht. Sie hält unzählige Weltrekorde und hat zwanzig Grand Slam Titel geholt. Doch nach sechs Jahren im Ruhestand muss sie ohnmächtig dabei zusehen, wie ihre Rekorde von einer jungen Britin gebrochen werden. Mit 37 entscheidet sie sich, auf den Platz zurückzukehren. Sie will nichts mehr als ewigen Ruhm und beschließt: Ein finales Jahr als Tennisspielerin soll sie für immer unbesiegbar machen. Denn wer ist sie, wenn sie nicht die Beste ist? Um ihr Ziel zu erreichen, ist sie sogar bereit, ihren Stolz beiseitezuschieben und mit Bowe Huntley zu trainieren, dem Tennisstar, der ihr einst das Herz gebrochen hat … (Klappentext)

Nachdem mir „Die sieben Männer der Evelyn Hugo“ so gut gefallen hat, habe ich mir „Daisy Jones & The Six“ gekauft und ich freue mich schon sehr darauf, es bald zu lesen. Natürlich sah ich aber auch oft Carrie Soto. Nur war das Thema nicht so meins, lese ich vielleicht irgendwann mal, erstmal abwarten… Dann konnte ich mich doch nicht zusammenreißen und habe es kurz darauf gehört.

Wie so viele andere Rezensionen beginnt auch meine mit „Tennis interessiert mich eigentlich nicht“. Doch die Art, wie Taylor Jenkis Reid über Evelyn Hugo geschrieben hat, wollte ich gern noch einmal wiederfinden. Also sah ich quasi über das Hauptthema hinweg und ließ mich einfach auf das Buch ein.

Carrie Soto ist die erfolgreichste Tennis-Spielerin, doch aus gesundheitlichen Gründen hat sie vor ein paar Jahren den Schläger niedergelegt. Nun kommt die junge Nikki Chan und ist auf gutem Wege, Carries Rekorde einzustellen. Das kann Carrie, mittlerweile 37 Jahre alt, nicht akzeptieren, also macht sie sich auf, es ein letztes Mal allen zu zeigen.

Carries Comeback findet in den 90er-Jahren statt. Bevor die Lesenden dort hingelangen, wird jedoch Carries Karriere noch einmal von vorn aufgerollt. Das Training mit ihrem Vater, ihre Niederlagen und ersten Erfolge, ihre kaltherzigen Interviews und rücksichtslosen Spiele. Es wird eine äußerst ehrgeizige und talentierte Carrie gezeichnet. Nur keine sympathische.
Man begleitet Carrie auf ihrem Weg zu den vier Grand-Slam-Turnieren. Eng begleitet wird sie dabei von ihrem Vater, ihrer Agentin und einem Tennisspieler, der genauso wie sie seine besten Tennis-Tage schon lange hinter sich hat. Alle drei waren mir deutlich sympathischer als Carrie.

Insgesamt strömte das Buch aber ganz viele Evelyn-Hugo-Vibes aus: diese Masse an Tennisspielern, die Carries Weg kreuzen; das Erzählen der Vergangenheit; die Zeitabschnitte; die erfolgreiche, aber knallharte Hauptfigur.

Was mir recht schwer fiel: Es gab zwischen Carrie und ihrem Vater viele Dialoge in Spanisch. Häufig waren es einzelne Sätze, manchmal aber auch mehr. Im Kontext hat man das schon irgendwie verstanden und es war sicher nie so richtig handlungsrelevant . Trotzdem nervte es mich etwas.

Letztlich musste ich auch feststellen, dass das Buch für mich nicht so richtig spannend war. Im Prinzip ging es ja um die große Frage: Schafft Carrie es, Nicki von dem neuen Rekord abzuhalten? Leider konnte mich die Frage dann aber doch nicht so reizen wie gehofft.
Nichtsdestotrotz war das Buch aber durchaus super zu hören. Es war gut gemacht, brachte mich zum Lachen und konnte mich an vielen Stellen berühren. Die Sportgeschichte war mal etwas anderes und etwas besonderes. Die Figuren waren trotz aller Sympathie-Probleme greifbar und authentisch.

Am Ende musste ich bei der Bewertung überlegen: Gebe ich Inhalt und Figuren mehr Gewichtung (3,5 Sterne) oder der Besonderheit und der Atmosphäre (4 Sterne). Ich habe mich für erstes entschieden.

Taylor Jenkins Reid – Carrie Soto is back
Originaltitel: ‎ Carrie Soto is back (30. August 2022)
‎Ullstein Taschenbuch, 1. September 2022
ISBN 3548067530
416 Seiten / 9 Stunden 41 Minuten (gekürzte Version)
Taschenbuch; 12,99 Euro

Bücher der Autorin (Klicke für die Rezension)

Matt Haig – Der fürsorgliche Mr Cave [Hörbuch]

Wann wird Liebe zu Besessenheit?
Drei Mal schon musste Antiquitätenhändler Terence Cave den Verlust eines geliebten Menschen verkraften: erst den Selbstmord seiner Mutter, dann den Mord an seiner Frau, und schließlich den tragischen Tod seines Sohnes Reuben. Geblieben ist ihm nur noch seine Tochter Bryony, Reubens Zwillingsschwester – und das Gefühl, dass ihm alle genommen werden, die er liebt.
Umso verzweifelter versucht Terence nun, seine wunderschöne Tochter vor jeder Gefahr zu schützen, koste es, was es wolle! Doch die 15-jährige Bryony riskiert immer mehr, um aus dem goldenen Käfig ihres Vaters auszubrechen, und Terence muss sich fragen, ob er sie wirklich nur beschützen will? (Klappentext)

Ich habe 2021 und 2022 insgesamt drei Bücher von Matt Haig gelesen und allen habe ich 4,5 Sterne gegeben. Ich mochte jedes so unglaublich gern. Als dann ein neues Buch von ihm erschien, war es für mich eigentlich klar, dass ich es haben möchte. Doch schnell hagelte es negative Rezensionen. Niemand schien wirklich begeistert zu sein. Also entschied ich mich gegen einen Kauf. Als ich es nun als Hörbuch fand, musste ich es direkt hören.

Terence Cave hatte es nicht leicht im Leben, doch es gipfelt darin, dass er seinen Sohn sterben sieht. Nun hat er nur noch seine Tochter Bryony und seinen Antiquitätenladen. Vor allem erste fängt er an, so sehr schützen zu wollen, dass er ihr immer mehr vorschreibt, sie bobachtet, kontrolliert und einengt. Die 15-jährige versucht immer wieder auszubrechen.

Mr Cave richtet sich in dem Buch die ganze Zeit an Bryony in der Du-Form, was besonders und eindringlich wirkte. Mit jeder weiteren Seite zeigt er so seine ungesunde Art von Liebe zu seiner Tochter. Das war sehr speziell und klang schnell krankhaft. Tatsächlich gleitet er im Laufe der Geschichte immer weiter ab und wird wirrer. Er bekommt Halluzinationen, Paranoia, Gedächtnisaussetzer, kann sich selbst nicht mehr kontrollieren. In dieser vollkommenen Abwärtsspirale wendet sich Bryony immer mehr von ihrem Vater ab.
Bei mir konnte damit jedoch leider weder Interesse noch Spannung erzeugt werden. Eigentlich wollte ich Terence nicht dabei beobachten, wie ihm sein Leben und seine Familie – und auch sein Verstand – entgleitet.

Mir hat die Art des Buches nicht gefallen, dieses Verworrene und Verwirrende war mir zu viel, auch wenn das sicher wirklich gut gemacht war. Es fiel mir aber zu schwer, der Story zu folgen.
Es wurde so extrem, dass ich kein Verständnis mit Mr Cave und seinem Verhalten hatte, trotz der Schicksalsschläge. Ich fand ihn unangenehm und auch Bryony war mir unsympathisch. Jeder ist gegen jeden, Terence vertraut niemandem, Bryony lügt. Alles barg schlechte Stimmung.
Es gab nichts, was mir gute Gefühle gemacht hätte.

Matt Haig – Der fürsorgliche Mr Cave
Originaltitel: ‎ The Possession of Mr Cave (1. Mai 2008)
Droemer, 1. Februar 2022
ISBN 3426282615
256 Seiten / 5 Stunden 58 Minuten (gekürzte Version)
Gebunden; 20,00 Euro

Andere Bücher des Autoren (Klicke für die Rezension)

Taylor Jenkins Reid – Die sieben Männer der Evelyn Hugo

Die Filmikone Evelyn Hugo ist endlich bereit, auszupacken und die Wahrheit über ihre skandalösen sieben Ehen zu erzählen. Sie fragt zu aller Erstaunen die Lokaljournalistin Monique Grant als Ghostwriterin an. Könnte das endlich Moniques Durchbruch werden? Evelyn beginnt, ihr von ihrem schillernden Leben zu erzählen: von ihrem Aufstieg in der Männerwelt Hollywoods, den goldenen Fünfzigerjahren der Filmbranche und ihrer geheimen großen Liebe, deren Scheitern der Preis für ihren Erfolg war. Monique lauscht gebannt. Erst gegen Ende der Geschichte wird ihr klar, dass sie dem Hollywoodstar schmerzlicher verbunden ist, als sie es je für möglich gehalten hätte… (Klappentext)

Im letzten Jahr war es ja quasi gar nicht möglich, um dieses Buch herumzukommen. Immer wieder schaute ich es mir an, doch der Klappentext sprach mich einfach nicht an. Hollywood, Glamour, vergangene Zeit… alles nicht meins. Aber irgendwann war ich mürbe und kaufte mir dieses Buch.

Evelyn Hugo ist neunundsiebzig Jahre alt und lebte ein wahres Hollywoodleben. Sie ist eine Ikone und eine Legende. Vor allem ihre sieben Ehen beherrschten die Klatschspalten jener Zeit. Nun möchte sie auspacken und die ganze Wahrheit erzählen, ihr Leben noch einmal komplett aufrollen. Die Journalistin Monique soll das Buch über Evelyn schreiben und erfährt deswegen nach und nach, was Evelyn bisher geheim gehalten hat.

Es beginnt mit Ernie Diaz, der Evelyn herausholte aus Hell’s Kitchen und direkt hineinbrachte in das schillernde Hollywood. Doch er blieb nicht der einzige Ehemann, sechs weitere sollten folgen und das wird ein wahres Auf und Ab der Gefühle mit extrem unterschiedlichen Erfahrungen und allerhand Geheimnissen.

Ich hatte eine bestimmte Erwartung über den Inhalt des Buches – sieben Ehen, dies das – und bekam doch so viel mehr, was ich nicht erwartet hatte. Die Ehen wurden bald das, was mich am wenigsten interessierte. Ich konnte vom Rest nicht genug bekommen.

Die Evelyn der Gegenwart fand ich unnahbar und unsympathisch, die vergangene war dafür umso spannender, interessanter und leidenschaftlicher. Ich habe sie durch all die Jahrzehnte begleitet und konnte nicht genug bekommen. Ich konnte das Buch kaum aus der Hand legen.

Neben der Geschichte um Evelyns Liebe gab es noch die große Frage, warum sie ausgerechnet die unbekannte Journalistin Monique engagieren möchte, um dieses Highlight-Buch zu schreiben, für das so viele andere Journalisten alles geben würden. Ich rätselte zwischendurch in verschiedene Richtungen, war aber mit jeder Idee vollkommen auf dem Holzweg.

Ich hatte sehr, sehr große Erwartungen und die wurden nicht ganz erfüllt. Die Verbindung zu Monique fand ich letztlich nicht so gut gemacht und auch wenn ich zwischendurch sehr bewegt wurde, wurde ich emotional nicht vollkommen eingenommen.
Ich glaube, ich habe vorher zu viele Meinungen gehört, die Evelyn Hugo über alle anderen Bücher gehoben haben. So ist es bei mir einfach nicht. Aber ich habe es sehr, sehr gern gelesen, schnell gelesen und ich wurde von Evelyn in den Bann gezogen. Ich bin wirklich froh, dass es das erste gelesene Buch 2023 ist.

Taylor Jenkins Reid – Die sieben Männer der Evelyn Hugo
Originaltitel: The Seven Husbands of Evelyn Hugo (13. Juni 2017)
Ullstein Taschenbuch, 31. März 2022
ISBN 3548066739
462 Seiten
Taschenbuch; 10,99 Euro

Carlos Ruiz Zafón – Marina

Als Óscar Drai das Mädchen Marina trifft, ahnt er nicht, dass sie sein Leben für immer verändern wird. Mit ihrem Vater lebt sie in einer alten Villa wie in einer vergangenen Zeit. Marina bringt Óscar auf die Spur einer mysteriösen Dame in Schwarz. (Klappentext)

Schon lange wollte ich ein Buch von Carlos Ruiz Zafón lesen, immerhin liegt das erste schon seit 2011 auf meinem SuB, das zweite folgte 2014. Als ich nun Urlaub in Barcelona machte, war klar, dass endlich ein perfekter da Zeitpunkt war, eines der Bücher muss es werden, spielen sie doch in dieser Stadt. Ich entschied mich für das kürzere und nahm es mit auf Reisen. Ich habe den Zafón nach Hause gebracht.

Der fünfzehnjährige Óscar lebt 1980 ein recht beschauliches Leben im Internat. Seine Freizeit vertreibt er mit Spaziergängen in der wunderschönen Umgebung und immer wieder kommt er dabei an einer scheinbar verlassenen Vila vorbei. Doch als er heimlich in das Haus geht, stellt er fest, dass es bewohnt ist. Vor lauter Schreck nimmt Óscar eine Uhr mit bei seiner Flucht. Doch er bringt sie zurück und das ändert sein Leben. Denn er lernt Marina kennen.

Marina ist ein geheimnisvolles, starkes, undurchschaubares Mädchen, das Óscar sofort in seinen Bann zieht. So ist es auch kein Wunder, dass er ohne groß nachzudenken mit Marina auf einen Friedhof geht, um eine Frau in Schwarz zu beobachten. Doch die Frau bekommt es mit und hinterlässt Óscar einen Brief mit einem Namen und einer Adresse. Und damit entfaltet sich vor den beiden jungen Menschen ein Geheimnis aus längst vergangenen Tagen.

Der Roman ist an Schauerliteratur angelehnt und vor allem am Anfang merkt man das stark. Die Atmosphäre fühlt sich an wie eine neblige, kalte Dämmerung. Schatten entstanden, wo keine hingehören, Geräusche brachten Gänsehaut. Ich habe das geliebt und war total drin.
Und auch die Geschichte in der Geschichte, war interessant. Vor über 30 Jahren kam ein Mann namens Michail Kolwenik nach Barcelona und erreichte bald alles, was er sich wünschen konnte: Erfolg im Beruf, Reichtum, Ansehen und die Liebe einer jungen, schönen Frau. Doch schon bald sollte er alles verlieren.

Ich war wirklich begeistert. Zafóns Art zu schreiben war wundervoll. Gefühl- und auch geheimnisvoll. Poetisch und trotzdem klar. Dazu diese schaurige Atmosphäre und die spannende Marina. Ich wollte die beiden Jugendlichen unbedingt begleiten und das Geheimnis der Dame in Schwarz ergründen und dabei auch sehen, wie ihre Freundschaft sich entwickelt. Ich sah das Buch in der Sternebewertung immer weiter hoch klettern – und das nur nach wenigen Kapiteln.
Doch mein Enthusiasmus wurde jäh zerstört, als Marionetten sich von allein bewegten. Ich war plötzlich extrem enttäuscht. Auch die Auflösung dazu konnte nichts mehr gut machen. Ich finde, der Autor ging hier den Weg des geringsten Widerstands und vor allem zerstörte er für mich damit die Anlehnung an einen Schauerroman.

So gern ich die Art zu erzählen und Marina mochte, mein Gefühl zum Buch erholte sich von der Enttäuschung nicht. Es ist dieser eine Punkt der Geschichte, der später immer größere Bedeutung bekommt, der mir alles kaputt gemacht hat. Ich bin unzufrieden und genervt. Ich hätte mir da so viel anderes gewünscht.
Und als ich gefühlsmäßig an diesem Punkt war, ergab es eigentlich auch keinen Sinn mehr, dass die Dame in Schwarz Óscar den Zettel hinterließ. Eigentlich gab es gar keinen Anlass, diese alte Geschichte wieder zum Vorschein zu bringen und alte Wunden aufzureißen. Schon gar nicht vor vollkommen fremden Kindern.

Ja schade, das Buch fing so super an und hatte auch bis zum Ende seine guten Seiten. Aber ich bleibe missmutig zurück.

Carlos Ruiz Zafón – Marina
Originaltitel: The Marina (1999)
Fischer Taschenbuch Verlag, 14. November 2012
ISBN 3596186242
350 Seiten
Taschenbuch; 9,99 Euro

Patrick Ness – Und der Ozean war unser Himmel

In der Tiefe lauern Monster, doch die schlimmsten erschaffen wir selbst …

Die stolzen Wale in Bathsebas Herde leben für die Jagd, riskieren alles in dem ewigen Krieg gegen die Welt der Menschen. Als sie ein treibendes Schiff attackieren, rechnen sie mit leichter Beute. Doch stattdessen stoßen sie auf die Spur einer Legende, eines Monsters, vielleicht des leibhaftigen Teufels selbst … (Klappentext)

Auch wenn ich „Sieben Minuten nach Mitternacht“ wirklich geliebt habe, habe ich die Bücher von Patrick Ness nicht weiterverfolgt. Als ich letztens dann zufällig auf ein neues stieß, habe ich es direkt gekauft und losgelesen. Es klang so ungewöhnlich und neu… und ich war bereit.

Bethseba wollte nie Jägerin werden, doch durch den Druck ihrer Familie und die Prophezeiung der Oma wird sie es im Alter von sechzehn Jahren. Sie wird dritter Lehrling in der Walschule von Kapitänin Alexandra. Die Wale führen Krieg gegen die Menschen, genauso wie die Menschen gegen sie. Unnachgiebig und skrupellos. Vor allem aber jagt Alexandra einen Mythos, einen Teufel, einen Schlächter – Toby Wick. Und nun scheinen sie ihm ganz nah zu sein…

Doch neben dieser großen Suche nach Toby Wick gibt es so viel mehr zu entdecken. Allein schon die Welt der Wale, die Patrick Ness beschreibt, ist vollkommen neu. Die Wale sind eine hochentwickelte Gesellschaft, haben Städte und durch verschiedene Technologien und Erfindungen haben sie sogar Licht und Sauerstoff in ihrer ewigen Dunkelheit. Doch gerade durch diese Entwicklung hassen die Menschen die Wale und die Tiere schlagen zurück.
Doch Bethsebas Walschule nimmt einen Menschen gefangen und ganz langsam entwickelt sich eine Freundschaft zwischen ihr und ihm. Das ist vor allem erstaunlich, da es die erste längere Mensch-Wal-Kommunikation ist und beide bemüht sind, die Ansichten und Welten des Gegenübers zu verstehen.

All das ist wundervoll illustriert von Rovina Cai. ich habe es geliebt, die Bilder zu entdecken und zu erkunden. Sie sind besonders und geben das Gefühl des Buches sehr schön wieder.

Der zentrale Punkt des Buches ist aber schon der Konflikt zwischen Wal und Mensch, an den viele philosophische und moralische Fragen über Krieg und Frieden anschließen: Macht unser Kampf uns auch zu Teufeln? Können nur Teufel Teufel besiegen? Und ist es dann ein ewiger Kreislauf, weil wir als Teufel wiederum gejagt werden? Endet ein Krieg erst, wenn eien Partei besiegt ist oder wäre er auch schon gewonnen, wenn man einfach aufhört zu kämpfen?

Insgesamt lassen sich viele Reminiszenzen an das Buch „Moby Dick“ finden, wie man schon am Namen des Gesuchten erkennt. Doch auch der erste Satz: „Nennt mich Bathseba“ gleicht dem des Klassikers: „Nennt mich Ismael.“ Wenn man mit Moby Dick vertraut ist, was ich nicht bin, hat man sicher noch ein bisschen mehr Spaß und erkennen.

Alles in allem fand ich das Buch wirklich schön mit seiner bildhaften, poetischen und zarten Sprache mit dieser neuartigen Geschichte und den wichtigen Gedanken. Doch ich wurde nicht so mitgerissen von der Suche, wie gewünscht und emotional auch nicht gepackt trotz emotionaler Szenen.
Trotzdem freue ich mich sehr, das Buch nun im Regal zu haben.

Patrick Ness – Und der Ozean war unser Himmel
Originaltitel: And the Ocean Was Our Sky (September 2018)
cbj, 14. Juni 2021
ISBN 3570165701
160 Seiten
Gebunden; 20,00 Euro

Olga Grjasnowa – Der Russe ist einer, der Birken liebt

Mascha ist Aserbaidschanerin, Jüdin, und wenn nötig auch Türkin und Französin. Sie ist selbstbewusst, anpassungsfähig und immer zum Davonlaufen bereit. Mit elf Jahren nach Deutschland immigriert, musste sie früh die Erfahrung der Sprachlosigkeit machen. Nun spricht sie fünf Sprachen fließend und ein paar weitere so »wie die Ballermann-Touristen Deutsch «. Sie plant gerade ihre Karriere bei der UNO, als ihr Freund Elias schwer krank wird. Verzweifelt flieht sie nach Israel und wird schließlich von ihrer eigenen Vergangenheit eingeholt. (Klappentext)

Im Zuge der Verfilmung dieses Buches habe ich ein Goodie-Paket bekommen, in dem das Buch enthalten war. Vor allem, weil dieses Buch eigentlich so gar nicht meinem Genre entspricht, war ich sehr gespannt. Vielleicht habe ich ja all die Jahre umsonst gedacht, sowas wäre nicht mein Genre…

Und es fing eigentlich auch ganz gut an. Es war interessant die Dynamiken zwischen Elias und Mascha zu beobachten, die nicht immer ganz einfach waren, weil er gern mehr über ihre Kindheit wüsste, sie die alten Traumata jedoch nicht vor ihm aufarbeiten möchte.
Und ich sage es direkt: Ich habe das Buch zwei Freundinnen weiterempfohlen und das, obwohl sich immer weiter herauskristallisierte, dass das mit dem Buch und mir nichts mehr wird.

Es dauerte nicht lang, da dachte ich: Ja, ich verstehe, warum das Buch Preise gewonnen hat. So lesen sich solche Bücher. Denn sprachlich war eben „Literatur“. Es war seltsam sperrig zu lesen, verworren, verwirrend… auch wenn es floss, wenn ich dabei war. Nur wenn ich das Buch zugeklappt hatte, dann hatte ich wenig Lust, es wieder aufzuklappen. Darum habe ich auch einen Monat gebraucht, die 288 zu lesen.

Mascha fand ich extrem unsympathisch, abweisend und unangenehm. Ihr Verhalten kommt sicher zu einem großen Teil aus ihrer Kindheit mit der Flucht aus der Heimat, dem Vater, der als gescheiterter Kosmonaut unglücklich im Leben war und der seltsam passiven Mutter. Ein Kind, das Krieg erlebt hat, das Menschen hat sterben sehen. Trotzdem fand ich so zu ihr keinen Zugang. Es war ein bisschen, als ob sie sich selbst nicht liebt und deswegen alle Leute wegstößt, die es tun.

Insgesamt waren alle Beschreibungen immer sehr auf Religion und den ethnischen Background der Leute bezogen und vor allem ist es auch sehr politisch. Es geht um den Aserbaidschan-Armenien-Konflikt im Karabach und später geht es vor allem auch um den Israel-Palästina-Konflikt. Grjasnowa geht schon auf vieles ein und holt auch unwissendere Leser ab, aber gefühlt fehlte mir trotzdem manchmal Detailwissen.

Was ich aber tatsächlich seltsam fand: Jeder Mensch in jedem Land kifft erstmal ganz selbstverständlich mit Mascha. Alle haben auch immer Marihuana dabei. Fand ich so ein vollkommen unnötiges Detail, weil es nichts zu der Geschichte beitrug. Aber davon gab es einige im Buch. Die Autorin beschreibt häufig genau, was Mascha sieht oder was jemand anhat und hat mich als Leserin damit gelangweilt.

Alles in allem fand ich das Buch recht handlungsarm. Erst eine schwere Phase in Deutschland und dann tingelt sie verloren durch Israel. Aber ja, das ist auch einer der zentralen Punkte des Buches. Mascha ist eine verlorene Persönlichkeit und man merkt diese Verlorenheit, das Nicht-Ankommen sehr gut. Sie hat keine Heimat, weder in Orten noch in Menschen.

Nein, das Buch und ich wurden leider keine Freunde. Dafür war es für meinen ganz persönlichen Geschmack zu unspannend und zu politisch. Aber gerade wegen des zweiten Punktes konnte ich das Buch ohne schlechtes Gewissen an zwei Freundinnen weiterempfehlen.
Ich wurde leider weder mit der Story noch mit Mascha oder der Schreibart richtig warm.

Olga Grjasnowa – Der Russe ist einer, der Birken liebt
dtv, 1. September 2013 (Erstveröffentlichung Februar 2012)
ISBN 3423142464
285 Seiten
Taschenbuch; 12,00 Euro

Kostenloses Rezensionsexemplar

Alessandro Baricco – Seide

Im Herbst 1861 bricht der südfranzösische Seidenhändler Hervé Joncour zu einer beschwerlichen Reise nach Japan auf, um Seidenraupen zu kaufen. Die Begegnung mit einer rätselhaften Schönheit erlaubt nur heimliche Blicke und eine kurze Botschaft – mehr ist es nicht, was Hervés Leidenschaft entfacht und ihn nun Jahr für Jahr wieder nach Japan treibt. Doch niemals wird er auch nur die Stimme dieses Mädchens hören. Erst viele Jahre später begreift er das Geschehen. (Klappentext)

Als ich meine Regale neu ordnete, fiel mir dieses Buch in die Hände. Zweite Reihe auf dem obersten Regalboden. Ich hatte es schon vergessen. Es ist auch kein Wunder, denn gelesen habe ich es 2009 oder 2010 – aber noch vor Start des Blogs. Ich hatte es nur 2011 mal erwähnt als Buch mit dem besten Schlusssatz in meinem Regal.

Hervé führt ein zufriedenes Leben mit seiner Frau in einer kleinen Stadt. Doch als er sich aufmacht, um in Japan Seidenraupen zu kaufen, nachdem alle europäischen Seidenraupeneier durch eine Krankheit unbrauchbar geworden sind, verändert sich sein Leben. Als er ein Auge auf eine unbekannte Frau in Japan wirft, ändert es sich ein weiteres Mal.

Das Buch ist poetisch und in seiner Art besonders. Die Hin- und Rückwege der Reise nach Japan werden mit den immer gleichen Wörtern beschrieben. Das Buch ist leise und sanft und bedächtig.
Dabei liest es sich sehr schnell – nur leider verfolgte ich das Geschehen nicht mit großem Interesse. Ich habe nur immer weiterlesen, weil es halt gut ging. Denn Seide spiegelt sich in vielen Dingen wider: Seidenraupen, Kleidung, Tücher – und auch in Bariccos Worten.
Dadurch dass das Buch so kurz ist, geht auch nicht viel über das reine Beschreiben der Geschichte – der Fahrten und Hervés Sehnsucht – hinaus. Man lernt kaum etwas über die japanische Kultur.

Das Buch war für mich wie ein Tanz. Ganz hübsch und ästhetisch anzusehen, aber wenn ich rausgehe, bin ich damit durch und meine Gedanken hängen nicht mehr dran.
„Seide“ fand ich insgesamt etwas nichtssagend und unspannend, aber eben auch auf eine Art besonders.

Alessandro Baricco – Seide

Originaltitel: Seta (1996)
Piper. Mai 2004 (erschien erstmals 1997 auf Deutsch)
ISBN 3492241077
132 Seiten
Taschenbuch; 8,00 Euro

Paula Hawkins – Wer das Feuer entfacht

Drei Frauen. Drei Schicksale.
Ein schreckliches Verbrechen,
das ihre Welt erschüttert.

Auf einem Hausboot in London wird die Leiche eines brutal ermordeten jungen Mannes gefunden. Besonders drei Frauen geraten danach ins Visier der Ermittlungen.
Laura, die aufgewühlt wirkende junge Frau, die nach einem One-Night-Stand mit dem Opfer zuletzt am Tatort gesehen wurde. Carla, die Tante des Opfers, bereits in tiefer Trauer, weil sie nur Wochen zuvor eine Angehörige verlor. Und Miriam, die neugierige Nachbarin, die als Erste auf die Leiche stieß und etwas vor der Polizei zu verbergen scheint.
Drei Frauen, die einander kaum kennen, mit ganz unterschiedlichen Beziehungen zum Opfer. Drei Frauen, die aus verschiedenen Gründen zutiefst verbittert sind. Die auf unterschiedliche Weise Vergeltung suchen für das ihnen angetane Unrecht. Wie weit würde jede einzelne von ihnen gehen, um Frieden zu finden? (Klappentext)

Als ich „Wer das Feuer entfacht“ als Rezensionsexemplar bekommen habe, habe ich mich so sehr gefreut. „Girl on the Train“ liegt seit April 2015 auf meinem SuB, aber ständig habe ich so viel Gutes gehört. Da kann das neue Buch von Paula Hawkins doch nicht schlecht sein. Aber dann stolperte ich immer wieder über extrem negative Rezensionen, bekam Angst und stellte das Buch zurück in der Prio-Liste. Doch nun war es soweit und ich habe es gelesen.

Vorweg: Auch ich kann leider keine positive Rezension schreiben. Ich glaube, das Buch hat zwei große Probleme: 1. der Vergleich mit „Girl on the Train“ (was ich, wie gesagt, nur von anderen gehört habe bisher) und 2. den Klappentext. Er schürt Hoffnungen, Thriller oder wenigstens Krimi zu sein. Dramatik, Zerstörung, Wut. Düster auf jeden Fall.

Im zweiten Kapitel wurde die Leiche bereits gefunden. Ab da gab es ein schieres Hin und Her. Es wurde zwischen fünf Perspektiven und Zeiten wild gewechselt. Es sind fünf extrem problembeladene Personen, die zum größten Teil auch noch unsympathisch und unangenehm sind. Jeder Person gibt Paula Hawkins unfassbar viel Zeit, die eigene Geschichte immer und immer wieder zu wälzen. Es geschehen ermüdend viele Wiederholungen. Die immergleichen Storys werden nicht nur von unterschiedlichen Figuren erzählt, sondern auch mehrfach von derselben. Erst grob, beim nächsten Mal mit mehr Details, beim nächsten Mal komplett – mit Glück.
Sie alle haben schwere Schicksalsschläge erleiden müssen, keine Frage. Manche hängen unmittelbar mit dem Opfer, Daniel, zusammen andere kein bisschen. Aber beim Lesen kam es mir kaum so vor, als würden wir uns der Auflösung des Falls nähern. Der Mord wurde nie aus den Augen verloren, aber sehr lange auch nicht so richtig behandelt.

In all den Geschichten abseits des Mords geht es zentral noch um einen dramatischen Vorfall aus Miriams Jugend, über den sie einen Roman geschrieben hat, der scheinbar von einem erfolgreichen Autoren abgekupfert wurde. Aus dem Buch des Autoren werden immer wieder seitenweise Auszüge geteilt. Auch das nimmt sehr viel Raum im Buch ein, bringt den Fall um Dan aber nicht weiter.

Am Ende wird der Mord natürlich noch aufgeklärt, aber groß überraschend war es einfach nicht mehr. Hatte man sich dann auch irgendwann schon gedacht.

„Wer das Feuer entfacht“ lässt sich super leicht lesen. Aber mich hat eigentlich nie interessiert, was da noch kommt. Es war nicht spannend, die Figuren waren unsympathisch und uninteressant, der Mord irrelevant, nicht aufregend, nicht neuartig, durch das Sprunghafte zum Teil verwirrend.

Paula Hawkins – Wer das Feuer entfacht
Originaltitel: A Slow Fire Burning (August 2021)
‎Blanvalet Verlag, 6. September 2021
ISBN 3764507829
413 Seiten
Gebunden; 20,00 Euro

Kostenloses Rezensionsexemplar

Vorherige ältere Einträge