Oliver Wunderlich – Wir, die Anderen

Hilft es, im Dunkeln zu Pfeifen? Macht Punkmusik lesbisch? Warum hat mich Mama auf dem Sterbebett gebissen? Wie täuscht man Ferien in der Karibik vor? Audible-Bestseller-Autor Oliver Wunderlich hat seine besten Geschichten gesammelt und erzählt vom bewegenden Abenteuer ein Mensch zu sein. (Klappentext)

Ich gebe mir die Schuld. Ich habe mich nicht genug informiert. Damit möchte ich anfangen.
Als ich die Info zu diesem Buch bekam, klang es gleich gut und ich wollte das Rezensionsexemplar anfragen. Doch dann wollte ich mich lieber erst den Büchern auf dem SuB widmen. Als ein Reminder kam, konnte ich nicht widerstehen.

Wie ich bereits sagte: Ich habe mich nicht genug mit dem Buch befasst bzw. es falsch gelesen. Ich dachte, Oliver Wunderlich würde hier 22 wahre Geschichte über besondere, spannende Menschen und ihre Erlebnisse, Eigenheiten oder Geschichten erzählen. Mir sagte der Name Oliver Wunderlich aber auch nichts, der in der Podcast-Szene wohl kein Unbekannter ist. Immerhin ist er mit Alltags-, Meditations- und eben Geschichtenpodcasts unterwegs.

Die erste Geschichte begann dann recht heiter mit einem Mädchen, das ein Currywurst-Wettessen gewinnen muss, damit der Wurstwagen seines Vaters sich halten kann. Ich musste sogar lachen, was mir bei Büchern äußerst selten passiert, und ich freute mich auf die folgenden Geschichte.
Ich war jedoch schon argwöhnisch, denn das klang zwar nach einer Geschichte, die so hätte passiert sein können, es klang aber gleichzeitig auch nicht authentisch erzählt. Ab der zweiten Kurzgeschichte war mir dann klar, dass ich mit meiner ersten Annahme komplett danebenlag. Man findet hier keine realen Geschichten.

Die Geschichten waren an sich sehr variabel und umfassten verschiedenste Beziehungen zwischen Menschen, unterschiedliche Begebenheiten und Länder und auch Zeiten. Es ging um Väter, die keinen Kontakt zu ihren Kindern hatten, aber dann eine Band mit ihnen gründen wollen; es ging um Frauen auf der Überholspur, die ein Schlaganfall aus der Bahn wirft; es geht um einsame, alte Frauen, trauernde Eltern und Weihnachtshasser. Menschen werden von Drogen abgehalten, auf Flohmärkten verprügelt und in Bäckergeheimnisse eingeführt.

Ich hatte ehrlichweise jedes Mal aufs neue Schwierigkeiten, mich in die Geschichte einzufinden. Anfangs war es immer so unklar, wer die Person ist, wo und wann die Geschichte spielt. Das sind zwar durchaus Merkmale einer Kurzgeschichte, machten es mir aber trotzdem schwer.
Durch die Kürze von 6 bis 18 Seiten pro Geschichte gab es auch nur einen Fokus auf das Vorkommnis und nicht auf die handelnden Personen. Alle blieben blass und distanziert.

Insgesamt hatte ich das Gefühl, dass übermäßig oft Krieg vorkommt und irgendjemand stirbt immer. Das ist wahrscheinlich eine gefühlte Wahrheit, aber ich fand es auffällig. Auch wenn es vieles abseits davon gab, empfand ich die Stimmung in allen Geschichten als gedrückt. Menschen rebellieren, stellen sich gegen andere, machen traurige Erfahrungen, müssen mit Krankheiten umgehen. Es gibt negative Twists und böse Leute.

Meine anfängliche Enttäuschung, dass es keine realen Geschichten sind, wich bald meinem negativen Gefühl den Inhalten gegenüber. Es gab nur zwei, drei Geschichten, die mir etwas besser gefielen. Insgesamt konnte ich aber nichts weiter mit ihnen anfangen und fand keinen Gefallen an den Geschichten. Wenn das schon die 22 besten Geschichten sind, brauche ich mich persönlich erst gar nicht bei den anderen umsehen.

Oliver Wunderlich – Wir, die Anderen
‎Anders & Wunderlich, 7. November 2022
ISBN 334770827X
268 Seiten
Taschenbuch; 14,90 Euro

Kostenloses Rezensionsexemplar

William C. Morrow – Der Affe, der Idiot und andere Leute

William Chambers Morrow (1854 – 1923) war ein amerikanischer Journalist und Schriftsteller, der von Kollegen wie Ambrose Bierce für seine stilistisch herausragenden Kurzgeschichten mit psychologischem Tiefgang und makabren Pointen in der Tradition von E. A. Poe gerühmt wurde. Wie dieser gilt Morrow heute unter Kennern als einer der wichtigsten Wegbereiter der modernen Horrorliteratur. Die hier erstmals auf Deutsch vorliegende legendäre Sammlung DER AFFE, DER IDIOT UND ANDERE LEUTE aus dem Jahr 1897 blieb zu Morrows Lebzeiten die einzige Zusammenstellung seiner Erzählungen in Buchform. Sie enthält 14 der besten Geschichten von Morrow wie SEIN UNBESIEGBARER FEIND oder DER MONSTER-MACHER. (Klappentext)

Als mich der JOJOMEDIA Verlag fragte, ob ich den zweiten Band aus ihrer Reihe „Untote Klassiker“ lesen möchte, war ich direkt Feuer und Flamme. Ein fast vergessener Journalist und Schriftsteller, der zu Lebzeiten schon durchweg positive Kritik für seine Geschichten aus dem Bereich „Weird Fiction“ erhielt, klang interessant. Edgar Allen Poe und Howard Phillips Lovecraft sind den meisten Menschen wohl ein Begriff, doch der vorliegende frühe Meister des Genres fand nach seinem Tod kaum noch Anerkennung.
Umso schöner finde ich die Idee hinter den „Untoten Klassikern“. Ich wollte Morrow gern kennenlernen.

Mit einem kleinen Abriss aus Morrows Biografie beginnt das Buch und erlaubt so einen Einblick in sein Leben und damit in seine ganz persönliche Geschichte.
Darüber hinaus wurde das Buch schön aufgemacht. Jede Seite besitzt einen Rahmen und die Kurzgeschichten, die ursprünglich zwischen den Jahren 1880 bis 1897 erschienen sind, starten mit einer passenden Zeichnung.

Obwohl die Geschichten 140 Jahre alt sind, wirkt die Sprache sehr modern. Generell lässt sich das Buch deswegen schnell und gut lesen.

Das Buch beginnt mit der titelgebenden Geschichte „Die Auferstehung der kleinen Wang Tai“ („The Ape and the Idiot“/“The Resurrection of Litle Wang Tai“, 1891), in der ein entflohener Zirkusaffe einen jungen Mann aus einer psychiatrischen Klinik befreit, um danach mit ihm umherzuziehen. Diese Geschichte um einen denkenden Affen ist die einzig unrealistische.
Die anderen waren deutlich weniger „weird“. Sie hätten so oder so ähnlich tatsächlich mit viel gutem Willen stattfinden können.
Doch auch wenn in fast jeder Story jemand stirbt, so verspricht der Klappentext beim „Wegbereiter der modernen Horrorliteratur“ vielleicht ein wenig zu viel. Auch wenn die Weird Fiction den Weg bereitet hat, sind die Morrow-Geschichten weit weg von Horror. Und ehrlicherweise auch weit weg von Spannung.
Es gab Twists, doch viele waren vorhersehbar. Manche Geschichten waren ein einziger langer, wirrer Monolog. Die Menschen bekamen absolut keine Tiefe. Die Geschehnisse fanden in einem engen Handlungsrahmen statt. Es wurde schlicht nie eine Atmosphäre kreiert, die die Geschichten besonders machten. Ich hätte gern Nervenkitzel gehabt.

Keine Frage, die 14 Geschichten waren auf ihre Art alle einzigartig und der Mix ist vielfältig. Man ist bei Gerichtsanhörungen dabei, drückt Menschen beim Glücksspiel die Daumen, hat Hoffnung für Schiffsbrüchige, begleitet medizinische Experimente und lernt noch so viel anderes kennen.
Doch leider konnten die Geschichten mich allesamt weder berühren noch fand ich sie in irgendeiner Art spannend.
Dabei muss ich jedoch gestehen, dass ich den „Horrorwert“ der Geschichten zu ihrer Entstehungszeit nicht einschätzen kann. Gerade, wenn diese Art der Geschichten damals noch neuartig waren, lag ein ganz anderer Nervenkitzel in ihnen. Aus heutiger Sicht konnten sie mich aber nicht begeistern.

Doch generell bin ich ein großer Fan des Gedankens hinter „Untote Klassiker“ und Fans des Genres finden sicher ihren Gefallen an den Geschichten von William Chambers Morrow. Mich konnten sie leider weniger begeistern. So kam es auch, dass ich das Buch meistens nach einer Geschichte wieder zuklappte, da die Motivation, eine weitere zu lesen, äußerst gering war.

William C. Morrow – Der Affe, der Idiot und andere Leute
Originaltitel: The Ape, The Idiot & Other People (1897)
JOJOMEDIA Verlag, 15. Mai 2020
ISBN 3903358002
288 Seiten
Taschenbuch; 19,90 Euro

Kostenloses Rezensionsexemplar

Dietmar Bittrich – Lasst uns roh und garstig sein

… und uns recht von Herzen amüsier’n!
Fliehende Karpfen, brennende Gänse, zähe Verwandte, entblößte Weihnachtsmänner, verweigerte Geschenke, einstürzende Christbäume, plötzliche Trennungen, gemeuchelte Kirchgänger, Teufel, Engel und Blitzeis… (Klappentext)

Vor ziemlich genau sieben Jahren habe ich dieses Buch geschenkt bekommen. Mit seinen 24 kurzen Geschichten war es prädestiniert, um im Jahr darauf als literarischer Adventskalender zu fungieren. Doch da hatte ich es vergessen. Und Jahr um Jahr verzögerte es sich, dass ich das Buch aus dem Schrank zog. Doch dieses Jahr war es endlich soweit. Ich wollte täglich ein Kapitel lesen und habe am 01. Dezember begonnen. Doch wie es dann so ist – mal las ich ein paar Tage vor, mal ein paar nach. Und so wurde ich vor dem 24. Dezember mit dem Buch fertig.

Ich will es kurz machen, es ist kurz vor Weihnachten, alle sind im Stress: Das Buch ist leider sehr, sehr schlecht.
Die Geschichten sind durchweg langweilig, bauschen uninteressante Geschehnisse auf, sind weder lustig noch besonders roh oder garstig und vor allem: Die ein oder andere Geschichte könnte genau so auch an Ostern oder im Hochsommer spielen, es würde rein gar nichts ändern.
Genau genommen machte mir nur eine Geschichte Spaß. Sie war thrillerartig, doch aufgrund der kurzen Seitenanzahl war sofort klar, wer der Mörder war und ich ahnte sogar das richtige Motiv. Spannung kam so leider nicht auf.
Grob geschätzt schüttelte ich nach 20 Geschichten jeweils genervt den Kopf, weil entweder die Geschichte oder die Sprache unmöglich waren. Bei der ein oder anderen Story gab es leider auch eine fatale Kombination beider Dinge.

Wenn man es sachlich betrachtet, gab es schon eine große Bandbreite an verschiedenen Geschichten, auch wenn (scheinbar) persönliche Erfahrungen als buchbarer Weihnachtsmann mehrfach vorkommen.
Paare, die sich trennen, weil sie zusammen bei Ikea einkaufen gehen, Karpfen, die nicht als Weihnachtsessen enden wollen, langweilige Weihnachten, an denen das Spannendste die geplatzte Suppenschüssel war, Menschen, die vom Deppenapostroph genervt sind, fatalistische Weihnachtsfeierei, unmögliche (Schwieger)Familien – man trifft auf einiges.
Das einzig Gute am Buch: Die Storys waren allesamt kurz. Kurzgeschichten halt.

So schön die Idee also ist, es ist Verschwendung, sich vom 1. bis zum 24. Dezember durch die Geschichten zu langweilen, auch wenn die Idee eines literarischen Adventskalenders ganz schön ist.

Dietmar Bittrich (Hg.) – Lasst uns roh und garstig sein – Die schönsten Weihnachtskatastrophen
Rowohlt Taschenbuch Verlag, 01. November 2012
ISBN 3499630184
235 Seiten
Taschenbuch; 4,99 Euro