Horst Evers – Früher war mehr Weihnachten

Horst Evers erzählt die schönsten Weihnachtsgeschichten: Er berichtet von traumatischen Erlebnissen mit dem Weihnachtsmann und testet Geschenkideen, von Ich-selbst-ganz-nackig-mit-Schleife bis zur Smartphone-Stirnhalterung. Was nach drei «alkoholfreien Glühwein mit Schuss» auf der Eisbahn passiert, ist so lehrreich wie das, was uns der Romantik-Autodidakt für unsere Liebsten ans Herz legt. Und es bleibt Zeit für etwas Völkerkunde: Warum haben Eskimos dreißig Wörter für Schnee, aber keins für Schadenfreude? So komisch war Weihnachten noch nie – oder, wie Horst Evers es formuliert: «Trotzdem fand ich’s als Erfahrung natürlich super.» (Klappentext)

Dieses Büchlein hätte normalerweise nie meine Aufmerksamkeit erregt. Ich habe zwar sogar seit vielen Jahren ein anderes von Horst Evers auf dem SuB liegen – „Wäre ich du, würde ich mich lieben“ – und ich sehe natürlich hier und da auch seine anderen Bücher, aber weiter kam ich noch nicht. Doch als ich letztens mit meinem Vater im Buchladen war, sah er sich „Früher war mehr Weihnachten“ lange an, entschied sich dann aber dagegen. 8 Euro für die paar Seiten sind aber auch ein Preis, den man zahlen wollen muss. Als ich das Buch ein paar Tage später zufällig als Mängelexemplar sah, habe ich es direkt für meinen Vater mitgenommen, vorab aber fix noch selber gelesen.

Ich habe mir die 13 Weihnachtsgeschichten über ein paar Tage aufgeteilt und sie nicht alle am Stück gelesen. Sie sind recht verschieden, teilen sich aber eines: den Humor. Ich musste wirklich viel lachen dank der trockenen, sarkastischen Art, in der Evers pointiert erzählt. Die Geschichten sind zwischen vier und acht Seiten und damit super geeignet für mal ganz kurz zwischendurch.

Die Geschichten, die sich titelgebend natürlich alle um Weihnachten drehen, mal allgemeine Gedanken zum Fest, mal konkrete Erlebnisse beschreiben, sind alle vorher schon in den verschiedenen Büchern von Evers erschienen. Dies ist also nur eine thematische Sammlung.

Für mich, die die Lust an Weihnachten schon vor vielen Jahren verloren hat, waren die kurzen, lustigen, weihnachtlichen Storys richtig klasse.

Horst Evers – Früher war mehr Weihnachten
Rowohlt, 20. Oktober 2017
ISBN 3499291584
79 Seiten
Gebunden; 8,00 Euro

Thorsten Steffens – Klugscheißer Supreme

Klugscheißer Timo Seidel hat nach vier Jahren sein Lehramtsstudium beendet. Doch nun steht ihm die schwerste aller Prüfungen bevor: das von allen Seiten gefürchtete Referendariat.
Schmerzlich stellt Timo fest, dass er sich trotz Berufserfahrung wieder einmal den Respekt des Kollegiums, der Schulleitung und vor allem der Schülerschaft hart erkämpfen muss. Da sind für einen Klugscheißer wie Timo natürlich Pleiten, Pech und Pannen vorprogrammiert… (Klappentext)

Dieser Bucherscheinung fieberte ich schon einige Monate entgegen – und gleichzeitig nicht. Denn nun liegt er hier, der letzte Teil der Trilogie um Timo und ich bin absolut nicht bereit, ihn gehen zu lassen.

Nachdem Timo in „Klugscheißer Royale“ über Umwege Lehrer an einer Abendschule wird, entscheidet er sich im zweiten Teil, „Klugscheißer Deluxe“ dazu, doch noch ein Lehramtsstudium zu beginnen. Im dritten Teil hat er das nun beendet und es beginnt der letzte Teil auf dem Weg zum voll ausgebildeten Lehrer: das Referendariat.

Es hat mir wieder unfassbar viel Spaß gemacht, den (ehemaligen?) Klugscheißer auf seinem Weg zu begleiten. Ich habe das Buch in kürzester Zeit ausgelesen, denn dazu eignet es sich einfach auf ganzer Linie.
Ich konnte es kaum erwarten, immer mehr von Timos Erlebnissen zu erfahren. Weitere Schüler und Kollegen in der neuen Schule kennenzulernen, zu sehen, wie er sich den Problemen stellt, Erfahrungen sammelt, Stunden gestaltet und eigene Prüfungen übersteht.
Neben seiner Arbeit an der Schule muss er aber auch noch ein Seminar zum Referendariat besuchen. Und auch das bringt ihn mit allerhand seltsamen Personen zusammen.
Dazu kommt natürlich auch noch sein Privatleben, das auch nicht immer ganz reibungslos läuft.

Ich habe – und das ist super selten bei mir – so oft gelacht, gegrinst oder belustigt aufgeschnaubt. Das lag vor allem an Timos Art, die Thorsten Steffens einfach so gut widergeben kann. Timo ist nämlich weitläufig sprachbegabt. Er verbessert nicht nur andere bei falscher Grammatik, er geht selber auch zum einen gekonnt mit der Sprache um, nutzt Neologismen und treffende Beschreibungen, ist zum anderen aber auch sehr sarkastisch und hat einen trockenen Humor. Seine Art trifft total mein Humorzentrum.

Doch nicht nur Timo ist eine tolle Figur, sondern auch alle Personen sind spannend zu verfolgen. Die Bandbreite ist sehr groß: von sehr lieben besten Freunden über sehr spezielle Kollegen bis hin zu schwierigen Schülern und fiesen Bekannten. Alles gibt es und doch wirkt nichts drüber oder unnatürlich.

Ich bin ein großer Fan der Reihe. Und ich bin traurig. Ich möchte wirklich mehr von Timo lesen. Ich möchte mit weiteren Storys aus seinem (Lehrer-)Alltag belustigt und auch, und das kommt definitiv nicht zu kurz, berührt werden. Ich wurde mitgenommen, überrascht, erheitert.
Aber vielleicht muss man aufhören, wenn es am schönsten ist.

Wenn ihr euch auch überzeugen wollt, findet ihr noch ein paar mehr Infos, unter anderem eine Leseprobe, auf der dazugehörigen Website des Autors: Klugscheißer Supreme.

Thorsten Steffens – Klugscheißer Supreme
Piper, 30. September 2021
ISBN 3492504590
271 Seiten
Taschenbuch; 15,00 Euro

Reihenfolge der Bücher:
1. Klugscheißer Royale
2. Klugscheißer Deluxe
3. Klugscheißer Supreme

Sebastian Fitzek – Der erste letzte Tag

Ein ungleiches Paar
Eine schicksalhafte Mitfahrgelegenheit
Ein Selbstversuch der besonderen Art

Was geschieht, wenn zwei Menschen einen Tag verbringen, als wäre es ihr letzter?

Ein Roadtrip voller Komik, Dramatik und unvorhersehbarer Abzweigungen von Deutschlands Bestsellerautor Nr. 1 Sebastian Fitzek – mit zwei skurrilen, ans Herz gehenden Hauptfiguren, die unterschiedlicher nicht sein könnten. (Klappentext)

Sebastian Fitzek gehört zu meinen liebsten Autoren. Selbst die Thriller, die mich nicht so abholen konnten, habe ich super schnell gelesen und ich blieb trotzdem ziemlich zufrieden zurück. Und auch wenn mich sein Ratgeber „Fische, die auf Bäume klettern“ nicht interessierte, freute ich mich sehr auf seinen ersten humoristischen Roman.

Schneechaos in Deutschland und Livius kann nicht, wie geplant, von München nach Berlin fliegen. Doch er ist nicht der einzige, der nun einen Mietwagen benötigt. Und so bekommt er den letzten Wagen – und teilt ihn sich mit der wilden, exzentrischen Lea. Sie schlägt Livius ein außergewöhnliches Experiment vor: Die lange Fahrt wollen sie nutzen, um den Tag zu leben als wäre es ihr letzter. Und so beginnt eine Reise, die beide wohl nicht mehr vergessen werden.

Livius ist Lehrer und scheint spießiger und älter als er wirklich ist, Lea wirkt ein wenig wahnwitzig mit ihrem großen Selbstbewusstsein und ihrer Schlagfertigkeit – und es wäre kein echter Fitzek, wenn nicht beide vom Schicksal schon hier und da eins übergebraten bekommen hätten. Sie könnten kaum unterschiedlicher sein und ergänzen sich zusammen perfekt. Sie stolpern von einer seltsamen Begebenheit in die Nächste, immer gelenkt von Leas kruden Einfällen.

Doch der Weg ist nicht nur Abenteuer. Vor allem Lea schafft es immer wieder, Situationen und Livius‘ Handlungen philosophisch zu betrachten und einzuordnen. Es entstehen Gespräche und Diskussionen zwischen den beiden, bei denen auch der Leser immer wieder sein eigenes Denken in Frage stellen kann.

Es geht also um mehr als um eine lustige Tour durch Deutschland. Doch ehrlicherweise fand ich das Buch zäh. Klar, es ließ sich leicht lesen, wie Fitzek das immer schafft. Aber ich legte das Buch häufig nach wenigen Seiten zur Seite, weil ich nichts so richtig spannend fand, nicht den Fortgang der Geschichte herbeigesehnt habe.
Selbst die vielen verschiedenen Begebenheiten und Überraschende konnte mich dabei nicht packen. Ich hatte all das irgendwie hingenommen.

Schwierig fand ich die ganzen „lustigen“ Vergleiche. Immer wieder bemühte Fitzek eine absurde Parallele, um das Beschriebene nochmal besser visualisieren zu können. Zwischendurch fand ich das aber deutlich zu oft. Das ist jedoch nicht das erste Humor-Buch, bei dem ich das bemerkt habe. Als müsste der Witz mit dem Holzhammer in jede Zeile geschrieben werden. Dafür habe ich aber zweimal wirklich laut lachen müssen. Das war gut.
Außerdem spricht Livius regelmäßig zum Leser – siezt ihn auch noch – da bin ich kein Fan.

Insgesamt war mir Livius zu steif, zu ernst, zu distanziert. Auch wenn er sich notgedrungen auf alles eingelassen hat und damit ja schon gar nicht so spießig sein kann, wurde ich nicht so recht warm mit ihm.

Ich würde gar nicht sagen, dass ich enttäuscht bin. Es war eben mal ein ganz anderer Fitzek, was total ok war. Auch wenn weder die Idee noch die Umsetzung wirklich neu waren, kann man das Buch ganz gut lesen. Vielleicht war es für mich einfach nicht die richtige Zeit. Selbst die emotionalen Momente konnten mich nicht so recht kriegen. Da das Buch aber auf keinen Fall schlecht war, bekommt es von mir.

Sebastian Fitzek – Der erste letzte Tag
Droemer, 28. April 2021
ISBN 3426283867
271 Seiten
Broschiert; 16,00 Euro

Thorsten Steffens – Klugscheißer Deluxe

Timo Seidel ist 29 Jahre alt und hat beruflich noch nicht viel in seinem Leben erreicht. Bisher stand ihm vor allem immer seine große Klappe im Weg, denn Timo leidet unter einer weit verbreiteten, aber sehr unangenehmen Krankheit: Er ist ein chronischer Klugscheißer! Und so gerät Timo immer wieder mit seinen Mitmenschen aneinander, was auch dazu führte, dass er vor fünf Jahren sein Studium schmiss. Nun glaubt er allerdings, erwachsener zu sein und beschließt, mit Ende zwanzig doch noch einmal ein Studium neben seiner Aushilfsstelle an einer Abendschule zu wagen. An der Universität trifft er auf anstrengende Lehrkräfte, außergewöhnliche Mitstudierende und auf die bildhübsche Sophie, die ihm obendrein den Kopf verdreht. Ein Klugscheißer an der Uni – kann das gut gehen? (Klappentext)

Vor gut anderthalb Jahren hatte ich viel Spaß mit dem ersten Teil um Timo – „Klugscheißer Royale“. Umso mehr habe ich mich gefreut, als mich Thorsten Steffens fragte, ob ich Lust hätte, den zweiten Teil zu lesen. Das hatte ich! Kurz musste das Buch auf dem SuB warten, bis meine aktuelle Lektüre durch war, aber dann stürzte ich mich in Timos neues Abenteuer.

Sein neuer Job als Lehrer an einer Abendschule gefällt Timo so gut, dass er den Beruf erlernen will und zwar so richtig. Dafür beschließt er, mit Ende zwanzig ein Lehramtsstudium zu beginnen.
Damit ist Timo meinem Leben ziemlich nah, denn sowohl ich als auch mein Freund haben erst mit Mitte/Ende Zwanzig entschieden zu studieren. Er sogar Lehramt. Ich war also doppelt und dreifach gespannt, wie viele Situationen ich aus dem echten Leben wiedererkenne.

In der Rezension zu Teil 1 habe ich schon mehrfach hervorgehoben, wie authentisch ich das Buch finde. Story, Charaktere, Emotionen, Humor – alles war möglich, nichts verhedderte sich in seltsamen Slapstick-Einlagen, Personen wurden nicht zu unangenehmen Spinnern verformt.
Das alles ist auch im Nachfolger zu finden – plus der Eintritt in meine persönliche Geschichte.

Ich gebe es zu, mir war nicht mehr alles hundertprozentig vor Augen. Ich hatte noch ein Gefühl für Timo, den ich im ersten Teil sehr gern mochte, und mir war in groben Zügen auch noch die Story präsent, aber Nebenfiguren und Einzelheiten waren verlorengegangen.
Spielerisch holt der Autor den Leser aber wieder ab. In Nebensätzen fasste er Vergangenes zusammen und es tauchten wieder all die Bilder vor meinem inneren Auge auf. Das fand ich richtig gut gemacht! Vor allem auch, weil die Geschehnisse des Vorgängers noch relevant sind und zum Teil fortgeführt werden.

Aber nicht nur das war gut gemacht.
Thorsten Steffens ließ Timo weiterhin Timo bleiben, sehr intelligent, sarkastisch, leicht problematisch im zwischenmenschlichen Bereich, nur einen Hauch weniger klugscheißerisch.
Wieder gab es keinen großartigen Konflikt, der gelöst werden musste, sondern man folgte der Hauptfigur einfach auf seinem neuen Pfad als Lehramtsstudent. Das bot schon genug Spannung, um mich total zu fesseln und bei Laune zu halten. Natürlich gab es auch ein paar spannende und überraschende Entwicklungen, die aber ganz im Stile des Buches authentisch waren. Es machte Spaß, Timo dabei zu beobachten, wie er ein paar Freunde findet, wie er sich mit Dozenten anlegt, seltsame Seminare besucht und wie er seiner Mutter langsam wieder näher kommt.
Als Fan des ersten Buches freute ich mich auch, dass die Abendschule nicht hintenüber gefallen ist, sondern Timo weiterhin dort arbeitet und es auch hier interessante Geschehnisse gibt.

Humortechnisch ist das Buch sich selbst treu geblieben. Auch dieses Mal versucht Thorstens Steffens nicht auf Teufel komm raus, jede Pointe mitzunehmen und jeden Kalauer zu nutzen. Der Humor speist sich vor allem durch Timos Kommentare und Art. Laut gelacht habe ich zwar nicht, aber schmunzeln konnte ich öfter.
Timo nutzt gern Neologismen oder Wörter in neuem Zusammenhang, die in kleinen Infokästen erklärt werden. Es passt zur Art des Buches und zu Timos Charakter, aber ich fand die Kästen trotzdem eher unnötig. Durch den Kontext waren die Wörter eh immer klar. Für mich brachten die Kästen keinen Mehrwert.

Ich kann es nicht anders sagen: Ich hatte auch mit dem zweiten Teil wirklich viel Spaß. Ich fand den Uni-Aspekt super und auch die Entwicklungen, die Timo charakterlich machte. Das Buch las sich sehr flüssig, interessant und spannend. Ich habe aktuell nicht viel Zeit, aber wenn, dann nahm ich das Buch zur Hand.
Und deswegen habe ich am Ende eine Bitte: Ich hätte wirklich gern (mindestens) einen dritten Teil. Das Studium ist immerhin noch lang. Timo muss den Bachelor schreiben, den Master machen, ein Referendariat absolvieren… und dann beginnt ja erst der Lehreralltag. Da kann Timo noch viel erleben und ich würde ihn gern dabei begleiten!

Ich fand das Buch noch einen Ticken besser als den ersten Teil. Was mir für die volle Sternenanzahl fehlt? Ich hätte gern mehr gelacht. Die Story hätte gern auch noch ein, zwei Highlights mehr haben können. Aber trotzdem bekommt das Buch sehr gute !

Ein paar mehr Meinungen, Infos, Neuigkeiten und weitere Bücher des Autors findet ihr auf seiner Homepage.

Thorsten Steffens – Klugscheißer Deluxe
Piper, 02. Juni 2020
ISBN 3492502806
264 Seiten
Taschenbuch; 10,00 Euro

Reihenfolge der Bücher:
1. Klugscheißer Royale
2. Klugscheißer Deluxe

Kostenloses Rezensionsexemplar

Thorsten Steffens – Klugscheißer Royale

Timo Seidel ist 28 Jahre alt und führt ein Leben ohne jegliche Ambitionen. Anstatt wie seine Freunde Karriere zu machen, ist er in seinem Studentenjob hängengeblieben. Dementsprechend uninspiriert führt er seine Arbeit aus, so dass er fristlos entlassen wird. Zu allem Überfluss hat seine Freundin Cleo beschlossen, sich von ihm zu trennen. Nun steht er also da: Ohne Freundin, ohne Job, ohne Geld und ohne Perspektive. Aus heiterem Himmel bietet sich ihm jedoch eine außergewöhnliche Offerte: Er bekommt einen befristeten Arbeitsvertrag als Lehrer. Nun ist es also offiziell: Für die kommenden sechs Monate darf Timo staatlich beauftragter Klugscheißer sein. Im öffentlichen Dienst! Vom Staat angeheuert wie James Bond! Quasi 007 Klugscheißer Royale! Schnell muss er allerdings feststellen, dass der Lehrerberuf doch ein wenig schwieriger ist als ursprünglich gedacht… (Klappentext)

Als ich die Anfrage zu diesem Rezensionsexemplar erhielt, sprach mich der Klappentext sofort an, denn – ich will es nicht leugnen – ich erkannte einige Parallelen zu meinem Leben. Die Hörprobe des Buches überzeugte mich ebenso, indem sie mich prompt zum Lachen brachte. Ich musste einfach wissen, wie Timo Seidel sein neues Leben auf die Reihe bekommt.

Timo ist sarkastisch und intelligent. Eine Kombination, die nicht zwingend auf alle Menschen sympathisch wirkt, doch ich mochte ihn sofort. Er ist nicht wirklich eigen oder spinnerhaft. Er weiß halt Dinge besser. Und das vermittelt er dem Leser meist mit einer großen Portion trockenem Humor.
Mich veranlasste das häufig zum Grinsen und Schmunzeln, doch herzhaft lachen musste ich leider nie. Die Hörprobe hatte mich mehr mitreißen können, denn die Stimmspiele, das Pausenlassen, das Augendrehen, das man förmlich hören konnte – das geht beim Selberlesen leider alles etwas verloren.

Doch nicht nur Timo war mir mit seiner Art häufig sehr, sehr nah. Das ganze Buch schien nahbar und authentisch. Bücher müssen nicht immer authentisch sein, nicht real. Aber wenn sie es sind, dann dürfen sie nicht langweilig sein. „Klugscheißer Royale“ wird das allein durch Timos Charakter und seine Meinung und Einstellung zu den Digen, die in seinem Leben passieren, nicht. Nichtsdestotrotz könnte alles genau so passieren. Eine wohlige Normalität, die humorvoll dargestellt wird.

Häufig bemängele ich an Büchern, dass sie auf kein konkretes Ziel hinarbeiten und deswegen nicht spannend sind. Auch hier fehlt – mehr oder weniger – ein Konflikt, der aufgelöst werden soll. Doch durch die humorvolle Erzählweise und Timo an sich kam keine Langweile auf. Ganz im Gegenteil: Thorsten Steffens schaffte es ohne „Ziel“ etwas Spannendes zu schaffen.
Dabei gab es auch die ein oder andere Überraschung, die ich nicht erwartet habe. Aber auch an dieser Stelle bleibt sich der Autor treu, denn das Buch ist keinesfalls übertrieben wendungsreich. Selbst bei den Überraschungen bleibt es authentisch und immer im Bereich des Möglichen.

Die Nebenfiguren schließen sich dem Konzept an. Ein paar Arbeitskollegen lernt man kennen, eine Handvoll guter Freunde, Lehrerkollegen und einige Schüler. Steffens findet ein gutes Mittelmaß an Personen – nicht so wenig, dass man denkt, der Autor würde einem ein Erinnerungsvermögen absprechen und auch nicht so viele, dass man durcheinanderkommt. Eben genau so, wie man es im echten Leben bei Timo auch hätte erwarten können.
Die Figuren an sich sind alle auf dem Boden geblieben, in ihrer Art zum Teil aber auch austauschbar. Gut, dass der Autor nicht aus jedem Charakter einen Sonderling machen wollte. Tiefe Einblicke in die Leben der anderen bekommt man aber nur äußerst vereinzelt.

Zum Ende konnte mich das Buch auch noch richtig bewegen. Das hatte ich die Zeit über nicht geahnt und darum hat es mich umso mehr überrascht. Das führte mir noch einmal vor Augen, dass in diesem humorvollen Buch ernste Themen insgesamt nicht zu kurz kamen.

„Klugscheißer Royale“ besitzt mit Timo Seidel eine klasse Hauptfigur, die man so nicht allzu häufig an Büchern antrifft. Das Buch ist humorvoll, scheut sich aber auch nicht vor ernsten Themen. In dieser Kombination liest es sich wirklich schnell.
Die Kritik, die ich habe ist fast vernachlässigbar – und zudem sehr subjektiv. Es sind Dinge, die bei mir zutreffen, bei dem Nächsten aber schon ganz anders sein können: Das Buch ist durchaus spannend und ich wollte Timos Entwicklung verfolgen, ich war aber nicht so sehr in seinem Bann, dass ich es nicht mehr aus der Hand legen konnte. Außerdem hätte ich gern auch mal laut gelacht. Vielleicht war ich da von der kurzen Sequenz der Hörprobe schon zu verwöhnt und bin mit der reinen Schrift nicht mehr dazu veranlasst worden.
Mir hat das Buch insgesamt wirklich gut gefallen und ich habe auch schon meinen Freund dazu gedrängt, es als nächstes zu lesen. Das habe ich bisher noch nie gemacht.

Thorsten Steffens – Klugscheißer Royale
Piper, 1. August 2018
ISBN 3492501656
231 Seiten
Taschenbuch; 12,99 Euro

Reihenfolge der Bücher:
1. Klugscheißer Royale
2. Klugscheißer Deluxe
 

Kostenloses Rezensionsexemplar

amaryllis 26 – Lust auf FIKKEN?

Bereit für die geballte Erotik von Schwolli, Wurstbert und Grabulator22?

Sie sucht den Mann ihres Lebens – im Internet. Was sie findet sind Ladenhüter, Obersofties, Fitnesszombies und Wollmützenträger. Allesamt saukomisch, nur leider unfreiwillig. Liegt es an ihr?
amaryllis26 schlüpft in zwölf verschiedene Rollen und begibt sich auf eine Odyssee durch die Datingforen. Sie präsentiert sich als Partygirl, als Landei, als Klette, als Luxusschnepfe, Hausmutti und Emanze. Das Ergebnis ist verblüffend: Was Männer sich einfallen lassen, um Frauen zu erobern ist so banal, unterirdisch und zum Fremdschämen, dass man nur mit schallendem Gelächter antworten kann. (Klappentext)

Jeder kennt einen, der einen kennt. Manchmal waren wir es vielleicht selber.
Internetdating ist heute keine große Sache mehr. Man kennt Paare, die haben sich online kennengelernt. Sie sind heute vielleicht schon verheiratet und haben Kinder. Vielleicht hat man sich selbst dort mal umgesehen. Vielleicht ist man selber im Freundeskreis das Paar, bei dem die Liebe mit einem Match begann.
Und darum kennt man sicher auch lustige Geschichten davon. Von komischen Leuten, die als erstes nach Fußbildern fragen; Männer, die doppelt so alt wie man selber ist und sich halb so alt geben; Frauen, die es durch eine Vierteldrehung ihres Körpers geschafft haben, die Hälfte ihres Gewichts wegzumogeln.
Und auf all das und noch mehr freute ich mich, als ich „Lust auf FIKKEN?“ aufschlug. Ich wollte skurrile Geschichten, über die ich lachen und den Kopf schütteln kann.

Das Buch beginnt mit einer langen Aneinanderreihung von Dingen, die die Männer, auf die amaryllis26 gestoßen ist, falsch gemacht haben. Groteske Namen, hässliche Bilder, nichtssagende Profiltexte. Alles falsch, alles lächerlich, alles unter ihrer Würde.
Klar hat sie sicher recht damit, dass bierglas63, der ein Oben-ohne-Selfie in seinem Bad gemacht hat und nach einer kreativen, offenen, unternehmungslustigen, bezaubernden Frau sucht, nicht gut ankommt. Aber es war alles so offensichtlich, so altbekannt, so unskurril. Man muss nicht mal in einer Singlebörse angemeldet gewesen sein, um sich diese Fehler denken zu können.
Vielleicht hätte amaryllis26 sich aber auch ihren eigenen Rat zu Herzen nehmen sollen. Ellenlange No-Go- und Negativlisten wirken zickig, überheblich, arrogant und unsympathisch. Da hilft es auch nicht, dass sie alle Fehler mit einer Prise Ironie beschreibt.

Doch diese ersten 45 Seiten lasen sich schnell und ich kam zu dem Teil, auf den ich all meine Hoffnungen setzte. Zwölf Profile hatte die Autorin sich angelegt. Zwölf vollkommen unterschiedliche und immer auf ihre Art radikale Frauen mit individuellen Lebenseinstellungen, Wünschen und Profilbildern. Da alle Bilder abgedruckt waren, regte ich mich an dieser Stelle gleich auf. Die Autorin veränderte sich selber für jede Rolle – mit schlechten Perücken und seltsamer Optik. Um dann mit all den Falten und dem schlechten Make-up ins Profil zu schreiben, man sei 22 Jahre alt. Wer glaubte das?
Sie selber erwähnte im Laufe des Buches aber immer, wie unfassbar attraktiv die Frauen auf den Bildern sind (sprich: sie selber). Dass die Frauen – egal wie viel Quatsch in ihrem Profiltext stand – angeschrieben wurden, „weil sie auf ihren Fotos so verdammt gut aussehen!“ (S. 248) Für meinen Geschmack waren alle Bilder äußerst unattraktiv und die Frau sah jeweils gut 20 Jahre älter aus als im Profil angegeben, aber okay.
Dass die Profiltexte unfassbar abschreckend waren, sollte so sein, darauf wurde immer wieder hingewiesen. Die Schraube wurde immer weiter angedreht – und die Frau damit immer abgedrehter. Radikale Spinnerinnen, von der die Autorin fast hoffte, dass sie nicht angeschrieben werden. Aber die Männer zeigten sich hartgesotten.

Hinter dem jeweiligen Profil las man die Nachrichten der Männer, bei denen der geneigte Leser viel ertragen muss. „Gedruckt wie geschrieben“ war hier die Devise. Und da die Männer häufig auf Groß- und Kleinschreibung sowie Rechtschreibung und Interpunktion verzichteten, tat das Lesen manchmal weh.
Vor allem aber tat weh, dass seitenweise gleichen langweiligen Nachrichten abgedruckt waren. „Guten Morgen“, „Hey schönes Profil, Bock auf Kennenlernen?“, „Wow, schöne Augen :)“. Man hat es verstanden. Schnell.
Natürlich gab es auch individuelle Anschreiben. Die Männer, die sich wirklich Mühe gaben. Die „belledejour“, „Lavendelrausch“, „Gänseblume46“ oder „Dirndlmarie“ ihr Herz ausschütteten. Die taten mir so leid. Natürlich ist Mitleid kein guter Türöffner für einen Flirt. Aber die geben sich echt Mühe und wissen nicht, dass sie Teil eines Experiments sind.

Obwohl ich mich so auf den Part im Buch gefreut habe, fand ich ihn dann anstrengend zu lesen. Ganz abgesehen von der schlechten Rechtschreibung wurden im Fließtext viele Nachrichten einfach aneinandergereiht, unterbrochen von den pseudowitzigen Kommentaren von amaryllis26. Aber so ein Textblock liest sich unangenehm.
Wenige Beispiele hob sie als positiv hervor. Aber ich konnte diese Beispiele nicht positiv finden. Ich hatte kein Bild zu dem Mann, ich hatte kein aufregendes Gefühl durch das Schreiben mit einem Fremden. Ich hatte keinen emotionalen Anhaltspunkt. Da kann mich dann ein halbromantischer Zweizeiler echt nicht vom Hocker hauen. Die Autorin steckte da ganz anders drin.

Die Zusammenfassung der Ergebnisse wird den Lesern dann als vollkommen überraschend verkauft. Sind sie aber nicht. Wenn die „22-jährige“ in ihrem Profil schreibt: „will einfach fun :o)“ und „Wie hot bist du???“ muss sie sich weder in den Gesprächen mit den Männern beschweren, dass sie in ihrem Profil doch gar nichts von Sex sagt und deswegen nicht all diese eindeutigen Angebote bekommen will und die Autorin muss sich auch am Ende nicht wundern, dass dieses Profil besonders viele plumpe Anmachen, die nach Sex fragten, bekam. Und auch dass wenige Profile mit „Hey du bist doch sicher ein Fake!“ angeschrieben werden, ist doch auch nicht verwunderlich. Sie muss daraus nicht schließen, dass Männer den Frauen alles zutrauen, sondern dass die meisten, die sich verarscht vorkamen, ihre Zeit gar nicht erst damit verschwendet haben, einem offensichtlichen Fake zu schreiben. Warum auch?

Anschließend folgt wieder ein Teil zu No-Gos. Dieses Mal nicht für den ersten Eindruck wie eingangs, sondern für das Schreiben. Dass es unsexy ist, sich quasi förmlich bei der Frau zu bewerben, zu klammern, beleidigt abzuziehen. All diese Dinge.

Ganz am Ende werden noch Tipps verteilt, wie Frauen und Männer ihre Profile und Kommunikation gestalten sollen. „Schreibe orthografisch und grammatisch korrekt“, „Schreibe persönlich“, „Lass die Zicken links liegen.“
Aha, erzählt mir mehr.
Nicht nur, dass die Tipps unspannend waren, manche waren auch falsch, meiner Meinung nach. amaryllis26 sagt den Männern, dass sie am besten nur ein gutes Foto für ihr Profil nehmen sollen, am besten von einem Fotografen gemacht. Ich persönlich fände das ja wahnsinnig spießig, wenn ich so ein Profil sehen würde. Wenn es nur ein (solches) Bild gibt, würde ich dem Mann wahrscheinlich auch noch unterstellen, dass er das Bild irgendwo gefunden und geklaut hat. Man will doch ein paar mehr Bilder sehen. Die Autorin sagt dazu, dass sie keine Bilder mit Sonnenbrille sehen will oder wie der Typ im Club eine Wand vollkotzt. Aber mal ehrlich: Wenn der Typ, der mich anschreibt, Wände in Clubs vollkotzt, dann will ich das lieber vorher wissen. Dann kann ich den wenigstens direkt aussortieren.

Ich habe mich stetig gefragt, für wen dieses Buch denn nun sein soll.
Es ist nicht lustig genug, um einfach zur allgemeinen Belustigung zu dienen.
Wer online auf Datingplattformen unterwegs ist, kennt all das.
Wer so dumm ist und Frauen anschreibt, wie der Buchtitel darstellt, wird das Buch nicht lesen.
Wer so intelligent ist und Frauen nicht so anschreibt, wie der Buchtitel darstellt, wird das Buch nicht brauchen.

Was mir auch wirklich fehlte, war die Konfrontation. Ja, ein paar Männer wurden gefragt, ob sie die Autorin mit einem Standardspruch anschrieben. Wieder keine Überraschung, dass es manche – trotz vollkommener Offensichtlichkeit – leugneten und es andere zugaben.
Aber warum wurden manche Männer im Nachhinein nicht aufgeklärt, dass es ein Experiment war und sie durften mal ganz anonym ihre Erlebnisse schildern. Oder ihre Beweggründe sich so zu geben. Im Laufe eines Gesprächs mit einer potentiellen (Sex)Partnerin würden sie das doch sicher eh nicht klar zugeben. Aber nach einer Aufklärung der Autorin? Warum nicht?
Aber dann hätte das Buch die Männer wohl nicht mehr so schön als dumm, schüchtern, uncool oder kuschend darstellen können. Denn das waren sie fast allesamt. In diesem Zusammenhang kam es auch regelmäßig zum Beschweren über die bösen Frauen, die viel zu emanzipiert sind und die Männer zu weichen Hamstern haben verkommen lassen. Frauen hätten jahrzehntelang die Männer kleingemacht und nun gäbe es quasi nur noch angepasste Pantoffelhelden, die sich nicht trauen, ihre eigene Meinung zu sagen, weil sie der ach so schönen Frau auf dem Profilbild gefallen wollen.

Ich hatte wirklich gehofft, das Buch wäre irre witzig und würde mit tollen Geschichten auftrumpfen können. Dem war aber nicht so. Ein paar Mal konnte ich lachen, ansonsten war ich aber hauptsächlich genervt von unnötigen Tipps, rechtschreibschwachen Männern und Ergebnissen, die ich auch so hätte vorhersagen können. Letztendlich wird auf den 300 Seiten vieles wiederholt. Und die Fake-Profile der Autorin waren so unsympathisch (was sie ja auch sein sollten), dass ich ihre belanglosen Dialoge gar nicht lesen wollte.

amaryllis26 – Lust auf FIKKEN? Aus den Abgründen des Internetdatings
Knaur TB, 01. September 2014
ISBN 3426786826
295 Seiten
Taschenbuch; 9,99 Euro

Marc-Uwe Kling – QualityLand

Willkommen in QualityLand

In der Zukunft läuft alles rund: Arbeit, Freizeit und Beziehungen sind von Algorithmen optimiert. QualityPartner weiß, wer am besten zu dir passt. Das selbstfahrende Auto weiß, wo du hinwillst. Und wer bei TheShop angemeldet ist, bekommt alle Produkte, die er haben will, zugeschickt, ganz ohne sie bestellen zu müssen. Superpraktisch! Kein Mensch ist mehr gezwungen, schwierige Entscheidungen zu treffen – denn in QualityLand lautet die Antwort auf alle Fragen: OK.

Trotzdem beschleicht den Maschinenverschrotter Peter immer mehr das Gefühl, dass mit seinem Leben etwas nicht stimmt. Wenn das System wirklich so perfekt ist, warum gibt es dann Drohnen, die an Flugangst leiden, oder Kampfroboter mit posttraumatischer Belastungsstörung? Warum werden die Maschinen immer menschlicher, aber die Menschen immer maschineller? (Klappentext)

Seitdem ich den ersten Teil der Känguru-Trilogie gelesen habe, bin ich großer Fan von Marc-Uwe Klings Geschichten. Es war also keine Frage, ob ich „QualityLand“ lesen möchte, sondern wann ich mir das Buch kaufe. Denn was ist, wenn dieses Buch nicht an das Känguru herankommt? Was, wenn ich enttäuscht werde? Mein Freund nahm mir die Entscheidung ab und schenkte mir das Buch zum Geburtstag. Und dann habe ich es relativ schnell danach gelesen.

Peter Arbeitsloser ist ein bisschen abgeschlagen. Sein Level ist nicht sehr hoch, weswegen er nicht viele Privilegien besitzt. Sein Job macht ihn nicht glücklich. Und nachdem QualityPartner ausgerechnet hat, dass Sandra Admin nicht die perfekte Partnerin für ihn ist, ist er auch wieder Single. Dabei ist das Leben in QualityLand doch rosig. Es ist ein Land voller Superlative. Das System kennt jeden, hilft jedem, weiß, was jeder will. Alles gerät plötzlich ins Wanken, als Peter etwas vom System bekommt, das er gar nicht haben will. Aber wie kann das sein? Die Maschinen machen doch keine Fehler?!
Anders könnte es doch auch gar nicht möglich sein, dass mit John of Us ein Android zur Wahl des neuen Präsidenten steht…

„QualityLand“ soll eine Zukunftssatire sein und das ist es auch. Es ist jedoch erschreckend, wie nah wir an manchen gruseligen Entwicklungen, die in Peters Leben schon Alltag sind, bereits dran sind.
Zu meiner Schande muss ich gestehen, dass ich manche Entwicklungen sogar ziemlich gut fände. Bequem irgendwie.
Vielleicht liegt das aber auch daran, dass ich die helle Variante des Buches habe. Sie ist für die Optimisten.

Die Geschichte besteht aus drei Erzählsträngen, die unterschiedlich stark miteinander verknüpft sind. In diese wurden kurze Abschnitte zu QualityLand eingeschoben. Manche Einschübe, die immer ein bis drei Seiten lang sind, erklären, wie das System in QualityLand funktioniert, was es alles (bezogen auf unsere heutige Realität) Neues gibt. Andere stellen kleine Nachrichten, gespickt mit User-Kommentaren, dar.
In meiner hellen Variante zeugen die Nachrichten von den positiven Seiten der Digitalisierung und technischen Errungenschaften.
Die dunkle Variante des Buches ist für die Apokalyptiker unter den Lesern. Die Nachrichten dort greifen eher die Gefahren auf.
Doch egal, welche Variante man hat, dank eines QR-Codes und Links am Ende des Buches kann man auch die „fehlenden“ Nachrichten nachlesen.

Es ist bei der Lektüre von Vorteil, ein wenig Verständnis für digitale Produkt zu haben. Ich glaube, dass sich erst dann der volle Witz entfaltet. Aber auch wenn man sich nicht damit auskennt und eigentlich kaum Spaß an den aktuellen digitalen Entwicklungen hat, könnte das Buch etwas für einen sein, denn:
Marc-Uwe Kling hat es wieder geschafft, dass ich vollkommen aus dem Häuschen bin. Ich konnte kaum aufhören zu lesen. Ich war noch nicht einmal bei der Hälfte des Buches angekommen, da empfahl ich es schon voller Inbrunst meinen Freunden.

Die Geschichte wieder unfassbar intelligent geschrieben. Kling kritisiert Entwicklungen – sowohl in der Gesellschaft als auch in der Technik – ohne dabei von oben herab zu schreiben. Zusätzlich scheinen viele Verbesserungsvorschläge im Buch so praktisch, dass man sie am liebsten realisiert wissen würde. Ich finde Wirtschafts- und Gesellschaftskritik oft anstrengend zu lesen, aber nicht hier. Sie ist intelligent in das große Ganze eingeflochten und muss genau so, wie sie ist, da sein.
Viele Ideen der Zukunft in QualityLand sind nicht neu, aber so zugespitzt, dass es unglaublich spannend und interessant war, den Gedankengängen der Geschichte zu folgen. Aber genau das war auch das Spannende. Sich vollkommen neue Dinge ausdenken und in Science-Fiction-Romane verpacken, ist nicht schwer. Da braucht man nur genug Fantasie und eventuell technisches Wissen.
Aber die aktuellen Dinge sinnvoll, realistisch, übertrieben und gleichzeitig passend weiterzudenken muss man schaffen.

Vor allem war das Buch aber auch wieder wahnsinnig witzig. Dieser trockene Humor, der schon in den Känguru-Chroniken eine Triebfeder war, glänzt auch hier auf jeder Seite. Es ist eine Satire mit Sprachwitz, Situationskomik und fantastischen Ideen. Sie alle bringen den Leser – mal in Kombination, mal einzeln – ständig zum Lachen.

Manche Ideen und Dialoge wurden ein wenig aus den Känguru-Chroniken recycelt. Überhaupt kein Drama, da sie immer stimmig eingesetzt wurden. Das Wiedererkennen war für mich sogar immer ein kleines Highlight. So ganz ohne Anspielungen hätte ich das schade gefunden.

Aber als wäre das Gesamtkonzept nicht schon stimmig, intelligent, spannend, witzig und toll genug, hat Kling auch wieder Figuren geschaffen, die Spaß machen. Auch wenn Peter eher zur Fraktion „sympathischer Loser“ gehört, ist er nicht ins Klischee abgedriftet. Er kann mehr und ist mehr. Und so ist jede weitere Person – und Maschine – im Buch angelegt. Immer ein wenig skurril, immer etwas anders, aber nie so, dass es ins Absurde abrutscht. Perfekte Mischung. Wie das ganze Buch.

Als wäre ich also nicht schon insgesamt genug begeistert gewesen, sprachen mich die Themen auf einer ganz persönlichen Ebene an. Mit seinen Rückgriffen auf die Frage nach der Moral beim autonomen Fahren, Asimov, den Turing-Test, Künstliche Intelligenz, Adorno, rassistische Algorithmen, Kybernetik oder Filterblasen spricht Kling so viel an, was mich tagtäglich in meinem Studienfach Digitale Medien begleitet. Als würden wir gemeinsam die Seminare belegen…

Ich wollte euch noch nie so gern wie bei diesem Buch am liebsten in die Augen gucken bei meiner Rezension. Dann würdet ihr sehen, wie viel Liebe ich wirklich für das Buch empfinde. Ich kann nicht darüber reden, ohne hektisch aufzuzählen, was an dem Buch alles so genial ist. Meine Wangen werden automatisch rot und meine Augen glänzen. Jeder meiner Freunde, der mich in den vier Tagen, in denen ich jetzt das Buch gelesen habe, gesehen hat, musste sich anhören, warum er „QualityLand“ unbedingt lesen muss.
Wirklich. Es ist mein Highlight 2017!

Marc-Uwe Kling – QualityLand
Ullstein Hardcover, 22. September 2017
ISBN 3550050232
384 Seiten
Gebunden; 18,00 Euro

Andere Bücher des Autoren (klicke für die Rezension):

David Safier – Mieses Karma hoch 2

Safier_Mieses Karma hoch 2

Daisy trinkt, faulenzt und bestiehlt auch schon mal ihre WG-Genossen. Marc ist ein arroganter Hollywood-Star. Und beide haben keine Ahnung, was das Wort Liebe eigentlich bedeutet. Als sie gemeinsam bei einem Autounfall sterben, werden sie als Ameisen wiedergeboren. Im Jenseits erklärt ihnen Buddha, dass sie in ihrem Leben zu viel mieses Karma angehäuft haben. Aber Daisy und Marc möchten auf gar keinen Fall als Ameisensoldaten in den Krieg ziehen. Was also tun? Die Antwort lautet: Gutes Karma sammeln, damit es auf der Reinkarnationsleiter wieder nach oben geht! Doch das ist nicht so einfach, wenn man sich nicht ausstehen kann und sich gegenseitig die Schuld am eigenen Unfalltod gibt.
Und noch viel schwerer wird es, wenn man sich trotz allem ineinander verliebt… (Klappentext)

Es ist genau sechs Jahre her, dass ich „Mieses Karma“ gelesen habe. Ich hatte damals viel Spaß mit dem Buch und beäugte deswegen den Nachfolger eine Weile in den Buchhandlungen dieses Landes. Kindler war dann so lieb und hat mir ein Rezensionsexemplar zukommen lassen.

Daisy und Marc sterben und werden als Ameisen wiedergeboren. Nun versuchen sie gutes Karma zu sammeln, um als ein größeres Tier wiedergeboren zu werden. Dabei erleben sie zusammen allerhand tierische Abenteuer.
Mit dieser Story hebt sich dieses Buch nicht allzu sehr von „Mieses Karma“ ab, doch mich persönlich störte das nicht. Erstens kann ich mich nicht mehr en détail an den ersten Teil erinnern und zweitens gefällt mi das Konzept so gut, dass ich diese Story gern noch einmal gelesen habe.

Dank der verschiedenen Abenteuer und Wiedergeburten ist das ganze Buch eine riesige Wundertüte. Immer wieder wird man überrascht, trifft neue Tiere, neue Situationen, neue Gefahren. Die Spannung wird deswegen ebenfalls permanent oben gehalten. Will man doch wissen, wo Daisy und Marc reinkarnationsmäßig das nächste Mal landen werden und ob sie ihre Pläne umsetzen können.

Die beiden Hauptpersonen sind dabei durchaus nicht zwingend sympathisch. Beide sind mit ihren Mitmenschen nicht immer liebevoll umgegangen und sie ändern sich auch nicht zum kompletten Gegenteil, nur weil sie gestorben sind. Doch trotzdem baute ich schnell eine Bindung zu den beiden auf und folgte ihnen gern auf ihrem Weg.

Sprachlich war das Ganze auch wunderbar. Locker, humorvoll, ungezwungen. Durch die sehr kurzen Kapitel war man förmlich zum stetigen Weiterlesen eingeladen. Das Buch lässt sich schnell weglesen.

„Mieses Karma hoch 2“ zählt definitiv zum Genre „Humor“. Ich persönlich hatte zwar Spaß mit der Geschichte und den Figuren, musste aber nicht lachen. Auch nicht schmunzeln oder kichern, aber es fehlte mir auch nicht. Ich las es trotzdem sehr gern.
Ich kann mir aber auch vorstellen, dass Leser, die sich noch sehr gut an „Mieses Karma“ erinnern, wenig Neues entdecken werden.

Und trotz des Spaßes zählt es nicht zu den besten Büchern, die ich je gelesen habe. Dazu hätte ich dann doch ganz gern gelacht oder wäre anderweitig berührt worden.
So erhält „Mieses Karma hoch 2“ 4 Sterne von mir.

David Safier – Mieses Karma hoch 2
Kindler, 29. Oktober 2015
ISBN 3463406233
319 Seiten
Gebunden; 18,95 Euro

Reihenfolge der Bücher:
1. Mieses Karma
2. Mieses Karma hoch 2

Safier_Mieses Karma Safier_Mieses Karma hoch 2

Kostenloses Rezensionsexemplar

Weitere Bücher des Autoren (klicke für die Rezension):

Florian Schiel – B.A.f.H. – Bastard Assistent from Hell

Schiel_BAfH

Der deutsche Akademiker gilt als der humorloseste und trockenste der ganzen Welt. Zumindest für ein kleines technisches Institut scheint diese allgemeine Auffassung nicht zu stimmen, denn dort treibt der Bastard Assistant from Hell, kurz BAfH, sein Unwesen.
Mit viel Sarkasmus und bösartigem Witz macht er seinem Chef, seinen Kollegen und nicht zuletzt seinen Studenten das sonst so beschauliche akademische Alltagsleben zu einer privaten kleinen Hölle, in der nie etwas so funktioniert, wie es sollte, nie etwas einfach erledigt wird, wenn es auch kompliziert geht, und kein Tag vergeht, ohne dass eine mittlere Katastrophe über den LEERstuhl hereinbricht. Dazu kommt noch, dass er das ganze Institut unerbittlich im Griff hält, weil nur er allein das Superuser-Passwort aller Institutsrechner kennt… (Klappentext)

Dieses Buch habe ich von einer lieben Freundin zu meinem Studienanfang geliehen bekommen.
Nun, nach dem ersten Semester, habe ich es mir zu Gemüte geführt. Ich hatte auf eine kleine, feine, lustige Lektüre gehofft. Die Geschichten entstanden ursprünglich vor fast 20 Jahren als Internet-Kolumne.

Es dauerte nur eine Geschichte, da fand ich den Bastard-Assistenten Leisch schon so unsympathisch, dass ich mich zusammenreißen musste, überhaupt weiterzulesen. Hätte mir meine Freundin das Buch nicht so angepriesen (und hätte ich nicht ein Verpflichtungsgefühl ihr gegenüber empfunden, weil es ihr so gut gefällt), hätte ich es entweder gar nicht beendet oder definitiv länger gebraucht.
Außerdem starb die Hoffnung, dass es doch noch besser wird, bis zur letzten Geschichte nicht. Leider vergeblich.

Dabei ist das Buch inhaltlich gar nicht mal uninteressant. Ein wissenschaftlicher Mitarbeiter an einer Münchner Uni hat weder Lust auf Arbeit, noch auf die Studenten oder seine Kollegen. Darum versucht er alles, um sich das Leben erleichtern und den anderen im gleichen Atemzug zu erschweren. Und das funktioniert reibungslos.

Dabei fehlte mir der Humor. Ich empfand es nicht mal als schwarzen Humor, sondern einfach nur als niveaulose Bösartigkeiten. Leisch war einfach nur gemein, ohne die Ambition, sich selber Spaß zu bereiten. Er wollte einfach nur seine Ruhe und machte dazu allen anderen das Leben zur Hölle. Dazu nutzt er vorrangig das Telefon- und Computernetz. Ein bisschen technische Ahnung ist deswegen nicht verkehrt, um dem Geschehen folgen zu können.

Insgesamt gibt es aber keinen roten Faden. Jede Geschichte ist in sich abgeschlossen. Es gibt jedoch wiederkehrende Figuren – allen voran die Kollegen.
Sympathisch war mir davon leider auch keine einzige. Die Sekretärin war ähnlich bösartig wie Leisch und die anderen Kollegen – selbst der Chef – waren durchweg naiv oder dumm.

So gut meiner Freundin das Buch gefallen hat, sie wenig Spaß hatte ich damit.
Ich musste mich leider durchquälen. Ich musste nicht lachen, war von den Gemeinheiten abgestoßen und konnte für mich auch nichts daraus mitnehmen.
Ich bin froh, dass sich die 265 aufgrund der großen Schrift und einfachen Sprache immerhin schnell lesen ließen. Nur deswegen gibt es: 1,5 Sterne.

Florian Schiel – B.A.f.H. – Bastard Assistent from Hell
Schwarten Verlag, 1998
ISBN 3929303094
265 Seiten
Taschenbuch; nicht mehr neu erhältlich

Christoph Dörr – Muffensausen

Dörr_Muffensausen

Wo die Liebe hinfällt… wurde sie vielleicht geschubst?

Nina und Philipp sind seit drei Jahren ein Paar, gerade frisch zusammengezogen und lieben sich sehr. An einem romantischen Abend macht Nina ihm spontan einen Antrag: »Willst du mich heiraten?« Bamm! Eigentlich ist es für ihn keine Frage, schließlich ist sie seine Traumfrau. Dennoch fühlt Philipp sich nicht überwältigt, sondern überrumpelt. Er verpatzt den Moment komplett: »Warum heiraten? Es läuft doch gerade so gut.« Als Nina daraufhin abhaut, merkt er schnell, dass er sie nur mit dem weltallerbesten Heiratsantrag zurückgewinnen kann. Gesagt, getan – doch damit beginnt ein Albtraum in Weiß… (Klappentext)

Ich habe gute Erfahrungen gemacht mit Männern. Also jetzt vielleicht nicht so generell, aber wenn sie deutsche Autoren sind und humorvoll schreiben. Da hat mich noch nicht einer enttäuscht.
Ich hoffte also darauf, dass Christoph Dörr den guten Lauf nicht zerstört.

Bücher über Hochzeit? Geschenkt. Nichts Neues.
Bücher über Beziehungsprobleme? Erst recht nicht.
Bücher über Schwierigkeiten bei den Hochzeitsvorbereitungen? Ja, gibt es sicherlich, aber definitiv seltener.

Philipp hat den Heiratsantrag seiner Nina, seines Sterns, komplett vermasselt. Es war kein spontanes Ja und somit eine falsche Antwort. Nina verschwindet erst einmal zu ihrer besten Freundin Simone. Ausgerechnet. Single-Simone hat es ja gerade nicht so mit Männern. Und mit Philipp schon gar nicht.
Philipp muss seine Freundin also überzeugen, dass er sie doch heiraten möchte. Und das am besten mit einem fantastischen Antrag. Es klappt, sie nimmt an und plötzlich sieht Nina nur noch Hussen, Heiratsfarben, Brautkleider und Planungsarbeit. Und Philipp steht mittendrin.

Die Geschichte des Buches ist damit ziemlich schnell zusammengefasst. Es wird ungefähr ein ganzes Jahr in diesen 400 Seiten abgedeckt. Ein Jahr voller Planungspleiten, -pech und -pannen, aber auch ganz viel Planungen, die super klappen – dank der heiratswütigen Organisation von Nina.
Nein, viel gibt die Story nicht her, aber das muss sie auch nicht.
Der Dreh- und Angelpunkt sind die Figuren und der Humor des Buches.

Und mit den Personen wurde ein wunderbares Potpourri mehr oder weniger schrulliger Charaktere geliefert. Nina und Philipp sind ein tolles Paar. Ein süßes Paar. Ein heiratswürdiges Paar. Sie: Narkoseärztin. Er: Sportmasseur und Teilzeit-Stand-up-Comedian. Vor allem letzteres verschafft den beiden auch einen sehr humorigen Alltag, denn Philipp ist lustiger Sprücheklopfer aus Leidenschaft.
Da reihen sich wunderbar der Nazi-Nachbar, die Esoterik-Mutter und der Macho-Freund ein.
Allesamt klischeebeladen bis zur Oberkante, klar. Aber das gehörte zu dem Buch, wie die weiße Spitze ans Hochzeitskleid.

Wer feinsinnigen Humor mag und es nicht so mit Wortwitzen hat, sollte „Muffensausen“ eher nicht lesen. Aber wenn man auf so etwas steht, wird man wirklich viel Spaß haben:

„Hiller ist ein einsamer alter Mensch. Ein Abstellgreis.“

„Wir sitzen im Grünen und Simone sieht rot. Das ist nix für Farbenblinde.“

Mir liefen zwar nicht stetig Lachtränen die Wangen runter, aber lachen musste ich oft. Oder kichern. Oder grinsen. Ich persönlich konnte viel anfangen mit dem Sprachhumor, der nicht selten auf Kosten der weiblichen Hochzeitsvorstellungen ging.

Und trotzdem gab es tatsächlich auch die leisen Töne. Das Menschliche und Zwischenmenschliche spielte eine große Rolle. Es wurde hinter Fassaden geblickt, die oft schon so sehr bröckelten, dass man dachte, man könnte bereits alles sehen, was dahinter ist. Aber das Buch schaffte es, immer noch eine Schicht hervorzuholen.

Eine kleine Besonderheit stellt das Cover dar. Der Sandbereich ist nämlich wirklich körnig. Ich habe beim Lesen die ganze Zeit drübergestrichen.

Also: Nein, Christoph Dörr hat den guten Lauf der deutschen Humor-Autoren nicht zerstört.
Mir persönlich hat das Buch gut gefallen. Ich konnte lachen, mochte die Personen und fand auch das Thema Hochzeit ansprechend.
Natürlich war die Story etwas schlicht – trotz einiger Überraschungen – und die Figuren sehr klischeehaft, aber ich hatte trotzdem Spaß. 4 Sterne

Christoph Dörr – Muffensausen
Blanvalet Verlag, 15. September 2014
ISBN 376450501X
400 Seiten
Broschiert; 12,99 Euro

Kostenloses Rezensionsexemplar

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