Ildikó von Kürthy – Unter dem Herzen

Es ist absolut nichts Besonderes, wenn ein Baby zur Welt kommt.
Außer, es ist das eigene!

Dehnungsstreifen und Dinkelstangen, Nachgeburt und Frühförderung, wettrüstende Supermütter, Milchstau und Karriereknick, Angst, Glück, Zweifel – und überall Pastinakenbrei!

«Unter dem Herzen» ist mein Tagebuch aus einer fremden Welt. Denn mir ist neulich etwas Ungeheuerliches passiert: Ich bin Mutter geworden!

Und als Anfängerin auf diesem Gebiet fragt man sich: Muss mein Neugeborenes wirklich eine Fremdsprache lernen? Warum schreit es? Warum schreit es nicht? Ist es erlaubt, sich mit dem eigenen Baby zu langweilen? Was genau ist eigentlich eine gute Mutter, wo ist dieser verdammte Beckenboden, und wie belastbar wirkt man auf Vorgesetzte, wenn man nach Babykotze riecht?

Nichts ist mehr so, wie es mal war.
Und irgendwann steht eine Kerze auf der Torte. Jemand sagt so etwas Ähnliches wie «Mama», und du denkst: «Mensch, der meint ja mich» (Klappentext)

Wenn man mich im Kindergarten fragte, was ich mal werden will, sagte ich: „Mutter!“. Ich kümmerte mich immer rührend um die, die jünger waren als ich.
Seit ich volljährig war, fühlte sich mein Leben an, als wäre es in einer Warteposition. Als wäre ich in einer Warteposition. Ich wartete, dass ich endlich schwanger werden konnte. Dass der Zeitpunkt endlich stimmt. Dass mein Leben endlich so richtig beginnt.
Jede Schwangere in meinem Umfeld bedeutete erst mal Herzschmerz für mich.
Ich war seit jeher die geborene Mutter.
Ende Mai 2018 war es endlich soweit und ich hielt einen positiven Schwangerschaftstest in der Hand. Und damit kam die Angst. Die ersten Tage machte ich immer morgens einen Schwangerschaftstest und verschickte panisch Vergleichsbilder mit der Frage: „Ist die Linie heute schwächer? Sinkt das HCG?“ Doch alles ging gut, seit einem Jahr bin ich nun Mutter einer unfassbar tollen Tochter.

Seit ich von „Unter dem Herzen“ hörte, wusste ich, dass ich es lesen muss. Ildikó von Kürthy gehört zu meinen liebsten Autorinnen und ich wollte dringend wissen, wie sie diese besondere Zeit in ihrem Leben empfand.

Es beginnt mit ihrem positiven Test. Man wird mitgenommen von dem Moment an, in dem sich das Leben der Autorin vollkommen auf den Kopf stellte. Aus der kinderlosen, aber kinderwünschigen Ildikó wurde eine Schwangere. Und das zu lesen ist unfassbar erheiternd. Man bekommt keinen wöchentlichen oder monatlichen Bericht, sondern wird immer wieder in wichtige Situationen hineingenommen. Erster Frauenarztbesuch, Schwangerschaftsverkündung, Geschlechtsbekanntgabe – bei allen wichtigen Dingen ist man dabei. Doch es geht gar nicht so sehr um die großen Punkte, sondern die kleinen. Die Ängste und Sorgen, die neuen Erkenntnisse und schockierenden Wahrheiten, die man so im Laufe von 40 Wochen erfährt. Und auch wenn uns so viel unterscheidet, ich erkannte mich so oft in den Beschreibungen wieder, nickte, lachte, schwelgte in Erinnerungen.

Ebenso abgeholt war ich bei den Beschreibungen des ersten Jahres. Das Geschlecht unserer Kinder unterscheidet sich, das Verhalten und Aussehen auch – und trotzdem, auch hier lachte und hachte ich ständig.
Zusätzlich gibt es auch wieder so schöne Illustrationen, die das Geschriebene visualisieren. Stefan Werthmüller hat hier tolle Zeichnungen beigesteuert.

In ihrer Schwangerschaft besprach Ildikó von Kürthy schon viele Gedanken und einige Ängste, doch nach der Geburt ging es erst so richtig in die Tiefe.
Was macht eine gute Mutter aus? Wie viel schlechtes Gewissen ist normal? Fühlen sich andere auch so schuldig, wenn sie ihr Kind in die Kita geben? Haben andere auch Angst, wie es für sie im Job weitergeht? Wälzen sich andere auch nachts, wenn sie daran denken, dass sie erst einmal nur ein Halbtagsgehalt bekommen? So viele Fragen, die ich mir seit der Geburt meiner Tochter stelle – und alle bewegen auch die Autorin. Sie versucht sie so gut es geht und mit ganz viel persönlicher Meinung zu beantworten.

Ich sehe das Buch nicht als Ratgeber. Das ist es nicht und will es auch nicht sein. Trotzdem freute ich mich darüber, dass aus Ratgebern und Zeitschriftenartikeln über Kindeserziehung zitiert wurde. Charlotte Roche und Judith Holofernes kommen ebenso zu Wort wie Remo Largo und Jesper Juul. Manches gab mir ein besseres Gefühl und ließ mich wissen, dass ich vollkommen normal bin. Auch wenn ich mich manchmal mit meinem so heißgeliebten Kind zuhause langweile.

Ich bin Ildikó von Kürthy wirklich dankbar für dieses Buch, das mir ein paar tolle Lesestunden bereitete, in denen ich lachen konnte und mich verstanden fühlte. Am liebsten hätte ich meinen Mütterfreundinnen, schwangeren Freundinnen und kinderlosen Freundinnen – mit und ohne Kinderwunsch – ständig Zitate aus dem Buch geschickt. Damit die Mütter sehen, sie sind nicht allein. Und damit die Kinderlosen für die ein oder andere seltsame Anwandlung Verständnis bekommen.
Aber das habe ich nicht getan. Niemand will ungefragt Ratschläge bekommen. Schon gar nicht in Bezug auf Kinder.

Ildikó von Kürthy – Unter dem Herzen – Ansichten einer neugeborenen Mutter
Wunderlich, 17. August 2012
ISBN 9783805250436
301 Seiten
Broschiert; 14,95 Euro (als Taschenbuch erhältlich)

Magdalena Nirva – Magdalena 24h

»Ich war wie geschaffen dafür, das Objekt ihrer Begierde zu sein. Oft war es aber auch anders herum. Ich war der Jäger…«

Magdalena ist 24, Literaturstudentin und liebt Sex. Als sie nach ihrer gescheiterten Ehe mit ihrem Kind mittellos dasteht, wirft sie alle Bedenken beiseite und sagt sich: »Warum soll ich damit nicht auch Geld verdienen?« Um ihr Kind zu versorgen. Um die Universität abzuschließen. Um sich ein schöneres Leben leisten zu können. Auf der Suche nach neuer Liebe begegnet sie dem anziehenden Bad Boy Eagle. Die beiden beschliessen, ihrer Heimat Bulgarien den Rücken zu kehren und nach Wien zu gehen, wo sie als Callgirl viel Geld verdienen kann. Doch bald wird Eagle von seiner Vergangenheit eingeholt, und sie müssen Wien eilig verlassen. Und Magdalena gerät immer tiefer in Abhängigkeit zu Eagle, der sein ›goldenes Huhn‹ zunehmend rücksichtslos antreibt und eifersüchtig bewacht… (Klappentext)

Als mich Magdalena anschrieb, ob ich ihren biografischen Debütroman lesen möchte, war ich sofort begeistert. In das Milieu rund um Prostituierte und Escort-Damen werde ich persönlich nie hineinkommen. Auch wenn ich in Hamburg wohne, hat das Rotlicht-Viertel mit meinem Alltag nichts zu tun. Und gerade deswegen war ich gespannt auf ein paar Geschichten. Nachdem mir Magdalena in unserem E-Mail-Verkehr schnell sympathisch wurde, freute ich mich sehr auf das Buch und begann es direkt nach dem Erhalt zu lesen.
Das war im August.
Ich muss es sagen, wie es ist: Dieses Buch stürzte mich in eine tiefe Leseflaute.

Vielleicht ging ich mit den falschen Erwartungen an das Buch. Der Klappentext verspricht unter der Erklärung zum Inhalt „skurrile Begebenheiten und emotionale Verwirrungen“. Es wird gesagt, das Buch wäre „amüsant, berührend und unmoralisch“. Deswegen hoffte ich, dass es hauptsächlich aus kurzen Anekdoten bestehen wird. So, wie man es von vielen Büchern kennt. Viele verschiedene Männer, aufregende Geschichten und alles ein bisschen verbunden durch einen roten Faden.

Bekommen habe ich das Gegenteil. Magdalena rollt ihr Leben von der Kindheit an auf. All ihre Ex-Freunde werden ausgewalzt, ebenso wie ihre Probleme mit der Mutter und dem Ex-Mann. Natürlich verstehe ich, dass der Teil ihres Lebens wichtig ist, um zu verstehen, dass es kam, wie es kam. Aber selbst zum Ende hin, als sie im Milieu fest verankert war, wurden über Seiten ihre Kolleginnen und deren privaten Probleme beschrieben.
Ein paar Geschichten mit Freiern kamen natürlich drin vor. Für meine Erwartungen waren es jedoch zu wenig und Geschichten mit manchen Stammkunden zogen sich lang.
Vor allem fehlten einfach Einblicke in ihr Gefühlsleben. Sie ließ ihren Sohn in Bulgarien zurück, aber es fehlte der Schmerz einer Mutter. Sie war in einem fremden Land, aber die vollkommene Hilfslosigkeit wurde nur beschrieben und nicht gefühlt. Sie wird geschlagen und misshandelt, aber wie es ihrer Seele dabei geht, wird nicht gesagt.

Ich fand das Buch – anders als angepriesen – weder amüsant, noch berührend.
Alles war relativ plump niedergeschrieben. Für ein persönliches Gespräch wäre es so ok gewesen, aber für ein Buch war es zu wenig. Es fehlte ein klassisches „Buch-Feeling“. So gibt es beispielsweise rhetorische Fragen mitten im Text, die ungelenk wirken, wie ein eingestreutes: „Doch was ist das?“ (S. 256)

Durch die Mischung aus wenig leichtfüßiger Sprache und einer zu breitgetretenen Lebensgeschichte fehlte auch komplett die Spannung. Und auch mit dem Interesse war es bei mir nicht weit her. Tagelang, zwischendurch sogar wochenlang, zog es mich nicht zum Buch. Wäre der Weg von Bulgarien über Österreich nach Berlin knackig erzählt gewesen, wäre ich mehr dabei geblieben. Mich hätten mehr die Zustände beziehungsweise Termine in den Bordellen und Escort-Agenturen interessiert. Es muss einfach mehr Spannendes zu berichten geben, als hier aufgeschrieben wurde.

Die Freier sind unterschiedlicher Natur. Manche liebevoll, andere schüchtern und wieder andere eklig. Aber ich hatte mehr Skurrilität erhofft. Vor allem hätten die Geschichten pointierter erzählt werden können.

Ich war also inhaltlich wirklich nicht begeistert und dann kam auch noch dazu, dass ich die Buch-Magdalena, anders als die E-Mail-Magdalena, wirklich unsympathisch fand. Sie wirkte kalt, berechnend und arrogant auf der einen Seite und völlig irrational liebend auf der anderen. Immer wieder fielen Sätze, die vielleicht stimmten, aber einfach unsympathisch klangen: „Erst, seitdem ich dort die Drinks servierte, war es immer voll. […] Jedenfalls steigerte ich ganz schön den Umsatz.“ (S. 57); „Sie ist nicht die Frau, die ein Mann sofort haben will, wenn er sie sieht, so wie bei mir.“ (S. 245) oder „Ich bin vierundzwanzig, ich bin so jung, so hübsch […]“ (S. 310)

Insgesamt gab es ein paar nette Geschichten auf den 379 Seiten, aber ich wurde weder gefesselt, noch berührt oder zum Lachen gebracht. Es ist wirklich schade, ich hätte das Buch so gern gemocht.

Magdalena Nirva – Magdalena 24h
Independently published, 28. Juli 2017
ISBN 1521865701
379 Seiten
Taschenbuch; 15,90 Euro

Kostenloses Rezensionsexemplar

Justyna Polanska – Unter deutschen Betten – Eine polnische Putzfrau packt aus

Polanska_Unter deutschen Betten

Schluss mit schmutzig – Putzfrau Justyna räumt auf!

Täglich macht Justyna Polanska Bekanntschaft mit den kleinen pikanten Geheimnissen ihrer Kunden. Sie weiß genau, wer auf coolen Macho macht, daheim aber in Bärchenbettwäsche schläft. Wer ein teures Auto vor der Tür hat, aber nicht genug im Kühlschrank, um satt zu werden. Oder wer der eigenen Frau den liebevollen Ehemann vorspielt, vor der Putzfrau aber schon mal die Hosen runterlässt… (Klappentext)

Vor drei Jahren fand ich auf einer der Tagungen, bei denen ich immer so viele Bücher bekomme das Buch ¬“Nicht ganz sauber – Eine polnische Putzfrau räumt auf“ von Justyna Polanska und nahm es mit. Ich hatte weder von der Autorin noch von dem Buch je etwas gehört. Kurz darauf las ich es und war ziemlich begeistert. Ich mochte Justyna und ihre Geschichten und alles war so liebevoll erzählt.
Ich wollte dann unbedingt Teil 1 lesen (dass ich das vorher noch nicht getan hatte, störte beim Lesen nicht wirklich).

Als ich Teil 1 letztens günstig fand, nahm ich ihn sofort mit und fing ihn am nächsten Tag auch schon an.
Von Anfang an war ich leidlich enttäuscht.
Nach wenigen Kapiteln über das Putzen wurde plötzlich von ganz vorn aufgerollt, wie Justyna erst nach Deutschland und dann zu Putzen kam. All ihre Wohnstationen und Beziehungen inklusive. Es war zwar interessant, aber trotzdem habe ich diese Teile nicht in diesem Buch erwartet und war auch eher genervt.

Überhaupt machte Justyna in diesem Buch vor allem eines: Meckern.
Das Wort „Putzfrau“ geht insgesamt schon mal gar nicht, dann unterstellen ihr die Deutschen immer zu klauen und doof zu sein, nur weil sie aus Polen kommt, ihr Weg nach Deutschland war ach so beschwerlich und ganz viele Menschen dabei ganz gemein, ihre Arbeitgeber behandeln sie oft wie Luft und geben nicht mal etwas zu trinken, jammer mecker zeter.

Ich hatte mehr witzige, berührende oder skurrile Geschichten von ihrem Job erwartet. Ein paar gab es, klar, aber irgendwie endeten die meisten auch mit Gemecker von Justyna. Irgendwann waren die meisten Arbeitsgeber undankbar oder ignorant oder pervers oder blöd. Auf jeden Fall konnte Justyna motzen. Wieder einmal.

Zwischendrin gab es auch eine Liste mit Beschreibungen, wie man die gängigsten Flecken entfernt bekommt. DIE fand ich gut!

PolanskaWas ich noch gut fand, war der Wisch-und-weg-Titel. Der Schriftzug ist mit Thermolack überzogen und wenn man über ihn rubbelt, wird er weiß (Also… wurde bestimmt mal weiß, als das Buch noch neu war. Bei mir wird es grau.).

Ich blieb also sehr unbefriedigt zurück. Ich hatte das Buch sehr schnell beendet, da es dünn ist, keine kleine Schrift hat und dann auch noch viele Leerzeilen besitzt.
Aber Justyna war mir unheimlich unsympathisch (ganz anders als in Teil 2) und den Inhalt fand ich auch eher mau. Klar, manche Storys waren gut, aber die waren definitiv in der Unterzahl.

Und wäre das alles schon nicht schlimm genug, hat mich die liebe Kastanie darauf aufmerksam gemacht, dass Justyna gar keine reale Person mit Pseudonym ist, wie ich immer annahm, sondern eine rein fiktive Person. Erdacht von einem deutschen Mann – Holger Schlageter.
Welchen Kreuzzug er mit diesem Buch führen wollte, ist mir dann doppelt schleierhaft.

Da ich das Buch schnell beenden konnte (da ich halt doch immer weiter lesen wollte) und die eine oder andere Geschichte ok war, vergebe ich 2,5 Sterne.

Justyna Polanska – Unter deutschen Betten – Eine polnische Putzfrau packt aus
Knaur, Januar 2011
ISBN 3426783975
223 Seiten
Taschenbuch; 8,99 Euro

Reihenfolge der Bücher
1. Unter deutschen Betten – Eine polnische Putzfrau packt aus
2. Nicht ganz sauber – Eine polnische Putzfrau räumt auf
Polanska_Unter deutschen Betten Polanska_Nicht ganz sauber

Justyna Polanska – Nicht ganz sauber – Eine polnische Putzfrau räumt auf

Dieses Buch habe ich auf der – mittlerweile allseits bekannten – Tagung mitgenommen.
Ich glaube, hätte ich es nicht da mitgenommen, wäre ich wohl nie auf dieses Buch aufmerksam geworden. Und gekauft hätte ich es schon gar nicht.
Das wäre wirklich schade gewesen!
Und in diesem Zusammenhang möchte ich auch sagen, dass es schade ist, dass ich vorher nicht Teil 1 gelesen habe. Für das Verständnis ist das aber egal. Dieses Buch ist weniger „Teil 2 nach Teil 1“ als viel mehr „Teil 2 über Teil 1“. Trotzdem wurde ab und zu Bezug auf Leute und Geschichten aus dem Vorgänger genommen.

Tote Hamster, verschimmelte Pizza, Sexspielzeug: Putzfrau Justyna Polanska muss starke Nerven haben, wenn sie unter deutschen Betten aufräumt.
Über Nacht wurde die Bestsellerautorin von der ignorierten polnischen Reinigungskraft zur gefragten Interviewpartnerin. Und entdeckte im Scheinwerferlicht ganz neue Schattenseiten der Deutschen: Nun erzählt sie von ihren skurrilen Erlebnissen in den Wohnzimmern ihrer Kunden und verrät, warum viele Deutsche manchmal nicht ganz sauber sind. (Klappentext)

Der Inhalt dieses Buches lässt sich ganz grob in zwei Bereiche untergliedern: Alles, was Justyna nach der Veröffentlichung des ersten Buches erlebt hat und Anekdoten aus ihrem Arbeitsalltag.
Den ersten Bereich fand ich sehr interessant und teilweise sehr schockierend, wie negativ mit ihr (gerade in Polen) umgegangen wurde. Anscheinend war die Autorin auch in so einigen TV-Shows zu finden. Leider habe ich sie nie gesehen. „Leider“ weil sie sehr sympathisch rüberkommt. Das hätte ich gern mal live gesehen.
An sich hatte ich aber nicht mit der Übermacht dieses Bereiches gerechnet. Ich hatte mehr Anekdoten und Geschichten vom Putzen erwartet. Es kann natürlich nun sein, dass sie schon sehr viele davon im ersten Teil erzählt hat und gar nicht mehr so viel Lustiges und Spannendes übrigblieb.
Die Geschichten, die enthalten waren, waren dafür toll. Alle waren entweder lustig, interessant oder einfach zum Kopfschütteln. Mein Respekt vor Putzfrauen (und ich bin nie eine respektlose Person) ist enorm gestiegen!

Der Schreibstil hat dazu perfekt gepasst. Er war sehr flüssig, sehr variabel, mit feinem Sprachwitz und einfach rundum „angenehm“. Als hätte eine gute Freundin mir das alles erzählt.
Und so ein bisschen fühlte es sich auch immer an, wenn ich das Buch wieder aufgeklappt habe. Als käme ich zu einer Freundin zurück.
Das habe ich besonders an dem Buch genossen. Es ist immerhin kein Roman und es ist kein Spannungsbogen vorhanden. Trotzdem wollte ich immer weiter lesen und mir mehr erzählen lassen.

Kleine Kritikpunkte habe ich an der Aufmachung.
Zuerst finde ich, das Buch sieht alt aus. Die Glanzfolienkaschierung lässt das Buch aussehen, als wäre es vor 10 Jahren erschienen.
Das hat natürlich überhaupt nichts mit der Endbewertung zu tun, aber es ist mir aufgefallen. Heute sind ja eher matte Bücher „in Mode“, bei denen vielleicht mal ein Element mit Lack hervorgehoben wird.
Natürlich kann man sich jetzt auch so absetzen wollen, aber es hat mich einfach an schon lange erschienene Bücher erinnert.
Außerdem gibt es immer freie Zeilen zwischen wörtlicher Rede.
Das kann man natürlich machen und es war so auch sehr, sehr angenehm zu lesen. Letztendlich bläht es das dünne Buch aber noch zusätzlich auf. Effektiv hätte man also keine 222 Seiten zum Lesen, wenn diese Freizeilen nicht wären.

Insgesamt kann ich das Buch aber wirklich empfehlen, wenn man sich ein wenig in Geschichten eines fremden Lebens verlieren möchte. Es wurde so liebevoll von Justynas Privatleben und Beruf berichtet, dass ich tatsächlich ab und zu berührt war und schlucken mussten (nicht richtig weinen, aber Tränen sind schon mal in meine Augen gestiegen!).
Es ist kein 5-Sterne-Buch, aber ein wirklich, wirklich gutes –Buch!

Justyna Polanska – Nicht ganz sauber – Eine polnische Putzfrau räumt auf
Knaur, April 2012
ISBN 3426785447
222 Seiten
Taschenbuch; 8,99 Euro

Reihenfolge der Bücher
1. Unter deutschen Betten – Eine polnische Putzfrau packt aus
2. Nicht ganz sauber – Eine polnische Putzfrau räumt auf
Polanska_Unter deutschen Betten Polanska_Nicht ganz sauber