Sussex, England. Ein Mann kehrt in seinen Heimatort zurück. Wie durch Magie zieht es ihn zu der Farm am Ende der Straße. Dort ist ihm damals ein bemerkenswertes Mädchen begegnet: Lettie Hempstock. Der Mann hat seit Jahrzehnten nicht mehr an sie gedacht. Doch nun, als er an dem Teich sitzt, der angeblich ein Ozean sein soll, kehren die Erinnerungen wieder zurück. Erinnerungen an eine Welt, in der Menschen nichts zu suchen haben. Und in der etwas Böses lauert, das seine Finger nach ihm ausstreckt … (Klappentext)
Mit dem Namen Neil Gaiman verband ich nur ein vages Gefühl. Ein bisschen düster, atmosphärisch, fantastisch. Und doch zog mich dieses Buch in der Flughafenbuchhandlung magisch an. Vielleicht hatte da ja Lettie ihre Finger im Spiel…
Ein Mann kommt von einer Beerdigung, doch anstatt weiterhin mit seiner Familie zusammenzusitzen, fährt er ziellos umher – und landet beim Haus am Ende der Landstraße. Das Haus, in dem seine Freundin Lettie früher wohnte. Ihre Mutter ist so freundlich, ihn zum Teich hinter dem Haus gehen zu lassen. Und als er da so sitzt, fällt ihm alles wieder ein. Wie das war, als der Opalschürfer Untermieter bei seinen Eltern wurde und wie er sein Ende fand und was dieses Ende alles in Gang setzte. Dinge, die die Vorstellungskraft eines damals Siebenjährigen weit übertreffen. Dinge, die jedermanns Vorstellungskraft weit übertreffen.
Dieses Buch ist sehr besonders. Es fängt schon damit an, dass der Mann in dem Buch nie einen Namen bekommt. Und man auch nichts über sein heutiges Leben erfährt. Es geht einzig und allein um ein paar entscheidende Wochen in seiner Kindheit. Als in seinem Dorf plötzlich so viel passiert und nur Letties Familie helfen kann.
Ich war auch gar kein großer Fan des Mannes. Er war nicht unsympathisch, weder als Erwachsener noch als Kind, doch eben auch nicht so richtig sympathisch. Für mich lebte das Buch von Lettie, ihrer Mutter, Großmutter und der Magie, die diese drei Frauen umgibt. Am liebsten hätte ich noch so viel mehr über sie erfahren, aus ihrer Vergangenheit, von ihrer Zukunft.
Doch auch die Vorkommnisse, von denen man liest, sind ungewöhnlich, unvorstellbar, bringen ein unwohles Gefühl und lassen nicht los.
Ich wollte immer weiter lesen – und gucken. Denn nachdem das Buch 2014 erstmals auf Deutsch erschienen ist, kam 2021 eine illustrierte Ausgabe heraus. Elise Hurst hat mit über 100 Tuschezeichnungen der Geschichte ein Gesicht gegeben.
Es ist wahnsinnig schwer, über das Buch zu reden, ohne zu spoilern. Es lebt neben der Geschichte, die interessant und besonders ist, auch sehr von der düsteren, nebligen Atmosphäre und den Figuren. Vor allem von den Frauen der Familie Hempstock, die mich alle berührt und amüsiert haben und die ich deswegen sehr in mein Herz geschlossen habe.
Es war wirklich schön, dieses Buch zu lesen. Diese andere Welt zu kennenzulernen. Diese übernatürlichen Phänomene zu entdecken. Diese speziellen Ideen zu erfahren.
Mir fehlte jedoch etwas Spannung und ich bin kein großer Fan des Endes. Und auch emotional wurde ich nur bedingt abgeholt.
Ich bin trotzdem sehr froh, das Buch in meinem Regal zu haben, denn es ist ein kleiner Schatz.
Neil Gaiman – Der Ozean am Ende der Straße
Originaltitel: The Ocean at the End of the Lane (Juni 2013)
Eichborn, 30. April 2021 (erschien erstmals 2014 auf Deutsch)
ISBN 3847900714
336 Seiten
Gebunden; 24,00 Euro