Sarah Crossan – Eins

Zwei Leben. Zwei Schwestern. Eine Entscheidung.

Ich habe so
verdammt lange gebraucht,
alle davon zu überzeugen,
dass ich ein Individuum bin,
dass Tippi meine Zwillingsschwester ist,
wir nicht ein und dieselbe Person sind,
dass ich mir nie Gedanken darüber gemacht habe,
wie es wäre, wenn
wir nicht zusammen wären,
dass, sie zu verlieren, wäre,
als ob ich auf einem Scheiterhaufen läge
und darauf wartete,
dass mich die Flammen verschlingen. (Klappentext)

Tippi und Grace sind nicht nur Zwillinge, sie sind siamesische Zwillinge. Sie teilen sich zwei Beine, haben aber ab der Hüfte aufwärts zwei vollständige Oberkörper. Sie werden weder körperlich noch geistig jemandem so nah sein, wie sich gegenseitig. Sie sind zwei und doch eins.

Sarah Crossan hat hier über ein Thema geschrieben, dem man so nur selten – wenn überhaupt – in Büchern begegnet. Und gerade weil das Thema siamesische Zwillinge, vor allem auch für einen Autoren, der damit im persönlichen Umfeld keinen Kontakt hat, ziemlich sensibel ist, war ich auf die Umsetzung gespannt.

Zuerst fällt dabei die Art des Buches auf, denn die Kapitel sind alle in eine Gedichtform gegossen.
Ich mag das im Prinzip ganz gern, ist es doch immer etwas Besonderes, das ich bisher nur in wenigen Romanen so gelesen habe. Doch andererseits passt auf eine Seite so deutlich weniger Text – und so poetisch fand ich den Inhalt dann auch nicht, dass es diese Form rechtfertigen würde. Da aber auch andere Bücher der Autorin in dieser Art gesetzt sind, ist es wohl einfach ihr Stil.

Erzählerin des Buches ist Grace. Sie ist die nachdenkliche, zurückhaltende, gefühlvolle Schwester. Tippi scheint das genaue Gegenteil von ihr zu sein und so passen die beiden perfekt zusammen. Sie ergänzen sich. Und sie lieben sich.
Beide waren tolle Mädchen, von denen ich wirklich gern gelesen habe.
Obwohl, ich muss es gestehen, ich hätte gern noch mehr von dem Alltag als siamesischer Zwilling gelesen. Zwischendurch beschweren sich beide, dass die Menschen ihnen immer dieselben Fragen stellen. Und wie gern hätte ich auch genau diese Fragen gestellt.
Die anderen Personen des Buches blieben dafür recht farblos.

An sich passiert im Buch gar nicht allzu viel. Die beiden kommen auf eine neue Schule und müssen sich zwischen all den Fremden mit ihren immer gleichen Blicken zurechtfinden. Dabei helfen ihnen schnell Yasmeen und Jon, zwei Außenseiter, die sich nicht von der Besonderheit abschrecken lassen.
Doch dann beginnen Probleme. Gesundheitliche, emotionale… und alles wird eine Achterbahnfahrt.

Mich störte es nicht, dass die Geschichte recht wenig hergab. Es gab so viel anderes, auf das ich mich konzentrierte. Vor allem der Aufbau der Kapitel und die Besonderheit der siamesischen Zwillinge nahmen meinen Fokus ein.
Dazu gab es – auch dank der Leserunde, in der wir uns immer austauschten – zwischen den Zeilen auch viele philosophische Themen. Wir diskutierten zum Beispiel über die Fragen: Was ist Liebe? Was ist das Selbst? Wann verliebt man sich?

Am Ende blieben noch ein paar Fragen offen, was ich schade fand. Vor allem, da es theoretisch recht schnell hätte erklärt bzw. geklärt werden können.
Auch wenn ich ein paar Kritikpunkte habe, fand ich das Buch trotzdem sehr interessant und lesenswert.

Sarah Crossan – Eins
Originaltitel: One (Juni 2016)
‎mixtvision, 12. Februar 2018
ISBN 3958541186
423 Seiten
Broschiert; 13,90 Euro

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