Aza Holmes hatte ganz sicher nicht vor, sich an der Suche nach dem verschwundenen Milliardär Russell Pickett zu beteiligen. Sie hat genug mit ihren eigenen Problemen und Ängsten zu kämpfen, die ihre Gedanken beherrschen. Doch als eine Hunderttausend-Dollar-Belohnung auf dem Spiel steht und ihre furchtlose beste Freundin Daisy es kaum erwarten kann, das Geheimnis um Pickett aufzuklären, macht Aza mit. Vielleicht kann sie trotz ihrer Ängste mehr sein als nur eine gute Tochter und Schülerin – zumindest eine gute Freundin. Aza versucht es, und überwindet gemeinsam mit Daisy nicht nur kleine Hindernisse auf dem Weg zu Pickett, sondern auch große Gegensätze, die sie von seinem Sohn Davis trennen. Für Aza wird es eine Reise ins Zentrum ihrer Gedankenspirale. (Text der Titelklappe)
Dass John Green wirklich berührende Geschichten schreiben kann, weiß man spätestens seit „Das Schicksal ist ein mieser Verräter“. Das letzte Buch, das ich von ihm gelesen habe, war „Tage wie diese„, in dem er eine von drei Kurzgeschichten verfasste. Ich habe das Buch geliebt. Also startete ich sehr gespannt in die Leserunde mit meiner besten Freundin zu „Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken“.
Doch schon im ersten Kapitel bekam ich einen Eindruck davon, was mich wohl erwarten wird. Und es verhieß nichts Gutes.
Man steigt hinab in die Zwangsgedanken von Aza, die panische Angst vor Bakterien und Viren und den Konsequenzen etwaiger Infizierungen hat. Für mich war es psychisch wirklich anstrengend, das zu lesen. Ich konnte ihre Gedanken und Ängste nur schwer nachvollziehen. Doch ich bin auch sehr zwiegespalten, denn die Anstrengung, die ich als Leser empfinde, empfinden sicher auch die Betroffenen. Von daher ist es bestimmt gut dargestellt und gemacht – ich wurde an der Stelle jedoch überhaupt nicht abgeholt.
Doch abseits der Zwangsgedanken und Ängste gibt es noch andere zentrale Teile im Buch. Es geht darum, was der Tod von Elternteilen mit den Kindern macht, es geht um Freundschaft vollkommen gegensätzlicher Personen, es geht um moralische Fragen und es geht um das Verschwinden von Russell Pickett.
Und an den Stellen kann man hier und da auf jeden Fall etwas mitnehmen. Gerade die Freundschaft zwischen Aza und Daisy fand ich speziell und interessant. Vor allem, weil sich Daisy, mit der ich anfangs so meine Schwierigkeiten hatte, zu einer wirklich tollen Figur entwickelt hat. Wohingegen mir Aza leider bis zum Ende unsympathisch blieb. Es ging sogar so weit, dass ich mir mehrfach wünschte, Aza würde im Laufe des Buches noch sterben. Das hatte ich so auch noch nie, glaube ich.
Viele Entwicklungen, gerade auch in Bezug auf Picketts Sohn Davis, den Aza noch aus Kindertagen kennt – gingen zu schnell und manche Entscheidungen schienen vom Himmel zu fallen. Hier hätten dem Buch einige Seiten mehr wirklich nicht geschadet. Vor allem, da in der Danksagung steht, dass John Green sechs Jahre an dem Buch geschrieben hat. Die sehe ich, ehrlich gesagt, nicht.
Was auch schade war: So ein bisschen schien das Verschwinden von Pickett aus den Augen verloren worden zu sein. Es war zwar immer wieder Thema, aber es ging nicht voran. Da wäre sicherlich mehr herauszuholen gewesen.
Sonst kann ich zu Übersetzungen nie was sagen, da ich keinen Vergleich habe, aber da meine beste Freundin auf Englisch gelesen hat, geht das dieses Mal. Wir haben so manche Stellen verglichen und wir beide finden: Die Übersetzung ist schwach. Sie wirkt nicht rund und kann tolle Sätze und Gedanken aus dem Original nicht einfangen und widergeben. Die paar Absätze, die ich auf Englisch gelesen habe, fand ich deutlich schöner und angenehmer zu lesen.
Alles in allem gab es wirklich einige Sachen, die man für sich mitnehmen kann und die gut gemacht waren. Gerade der Teil um Azas psychische Probleme nimmt viel Raum ein und mag für viele Leser ansprechend und interessant sein und Einblick in eine Welt geben, die man so nicht kennt. Ich fand diese Teile einfach nur anstrengend.
Am allermeisten haben mir die Dinge gefallen, die mit den Haupthandlungen nichts zu tun hatten, wie die Star-Wars-Fan-Fiction von Daisy, all das Wissen zum Universum von Davis oder auch die Infos über eher unbekannte Tiere. Und das war von John Green so sicher nicht geplant.
John Green – Schlaft gut, ihr fiesen Gedanken
Originaltitel: Turtles All the Way Down (Oktober 2017)
Carl Hanser Verlag, 10. November 2017
ISBN 3446259031
285 Seiten
Gebunden; 20,00 Euro (Als Taschenbuch erhältlich)