Chicago, 1893. Im Umfeld eines seltsamen Hotels sind auf mysteriöse Weise mehrere Menschen verschwunden. Die Gänge in diesem Haus sind verwinkelt und es gibt Türen, die zu nackten Ziegelwänden führen… Die berühmte Krimiautorin Ariana Wire beschließt, in diesem Labyrinth des Schreckens Nachforschungen anzustellen. Doch die Dinge entwickeln sich nicht wie vorgesehen – ganz und gar nicht! Auch der Mörder streift zwischen den Mauern des Hotels herum, und er hat einen schrecklichen Plan…
Kombinationen, verborgene Dokumente, unerwartete Verbündete: Um den Fallen zu entkommen, müssen Sie logisch denken und Ihre gute Beobachtungsgabe unter Beweis stellen. Wer wird gewinnen: der Täter oder die beherzte Frau? (Klappentext)
Nachdem ich mit meinem ersten Escape Book so viel Spaß hatte, schlug ich direkt im Anschluss das nächste auf.
Die Story klang für mich sehr atmosphärisch und spannend. Ich konnte es kaum erwarten, mich auf den Weg aus dem Horror-Hotel zu machen.
Es beginnt mit einem Sammelsurium von Zeitungsausschnitten, aus denen sich ein schreckliches Bild ergibt. Immer mehr Frauen verschwinden in Chicago. Ariana Wire will der Sache auf die Spur gehen, denn vor allem der Fall um die junge Kathy Miller lässt sie nicht los. Durch ihre Erfahrung als Krimiautorin glaubt sie an ihre detektivischen Fähigkeiten. Doch ihre Selbstsicherheit schwindet, als sie ohne Erinnerungen in einer verschlossenen Kiste erwacht.
Dieses Buch hat wirkliche eine Geschichte mit verschiedenen Figuren und Hintergrund-Storys. Und die fand ich wirklich gut. Es machte Spaß, voranzukommen und immer mehr zu entdecken und dem Mörder auf die Spur zu kommen.
Das größte Problem: Das Entdecken wurde einem wirklich nicht leicht gemacht.
Jedes Kapitel endete an einem Strich und darunter befanden sich jeweils die römischen Ziffern von I bis III. Hier standen Fortführungen der Geschichte, Räume öffneten sich hier oder man erfuhr noch ein paar mehr Details.
Um diese Ziffern zu entdecken, musste man sich durch die Aufzeichnungen des Notizbuchs im hinteren Teil des Buches wühlen, Bilder genau studieren, gefundene Gegenstände kombinieren und anderen Fährten folgen.
Es war mühsam. Wirklich. Bis zum Schluss habe ich nicht alle Ziffern gefunden, nicht jeden versteckten Hinweis entschlüsselt. Nicht selten war ich vollkommen aufgeschmissen und wusste nicht, wie und wo ich weitermachen soll. Ich las dann hinten bei der Hilfestellung nach – und war kein Stück schlauer.
Manche Rätsel hatte ich komplett übersehen, was für das Weiterkommen erstmal kein Problem war. Doch dann hatte ich plötzlich wie selbstverständlich Gegenstände, die ich nie gefunden hatte.
Mit manchen Hinweisen konnte ich nichts anfangen und blätterte durch das gesamte Buch von vorn bis hinten, bis ich irgendwo gefettet las, dass ich von dort in den nächsten Raum komme. Von allein hätte ich an dieser Stelle nie gelesen.
Es gab auch keine zwingend vorgegebene Reihenfolge. Man stand zum Beispiel in einem Flur, von dem fünf Räume abgingen und man konnte sich aussuchen, bei welchen man startet. Ich habe allein der Übersicht halber chronologisch gelesen und bin nicht in den Kapiteln gesprungen. Beziehungsweise ich wollte es nicht, aber ich musste es tun, weil ich immer wieder Dinge übersehen hatte.
Und „übersehen“ ist hier auch ein passendes Wort, denn Rätsel musste man nicht lösen. Man musste nur auf Teufel komm raus versuchen, irgendwo die richtigen römischen Ziffern zu finden.
Wenn man über die fehlenden Knobeleien hinwegsehen kann – was ich konnte -, ist die Sache mit den römischen Ziffern eigentlich ganz cool, aber auch einfach nicht durchdacht. Das Buch besteht aus 30 Kapiteln und man hätte so echt durcheinander die „Lösungen“ beziehungsweise „Fortführungen“ streuen können. So war es aber nicht. Eigentlich stand fast immer in dem aktuellen Kapitel (oder ein, zwei davor oder dahinter) die richtige Weiterführung. Und dann auch häufig so, dass man, wenn beispielsweise I eine falsche Fährte war, einfach II lesen musste, um weiterzukommen.
Diese Lieblosigkeit gab es auch bei der Kombinationstabelle. Direkt untereinander standen die Möglichkeiten und dahinter direkt, was passiert. Da konnte man also schlicht drei, vier Zeilen hintereinander lesen, was nun passiert, wenn man den einen Gegenstand mit den anderen verbindet. Man musste nicht überlegen oder sich anstrengen.
Ich fand die Art wirklich nicht schön. Ständig blätterte ich hin und her, verlor Spuren, wusste nicht, wonach ich suchen soll oder verstand nicht, worauf der Hinweis hinauswill.
Durch eine oder zwei Türen bin ich sogar durchgegangen, obwohl ich sie eigentlich noch nicht geöffnet hatte.
Im hinteren Teil gab es sogar verschiedene Möglichkeiten, wie ein aktuelles Gespräch mit Gästen des Hotels weitergeht. Nach manchen Entscheidungen konnte man sogar sterben. Erst fand ich das spannend, aber spätestens als ich das erste Mal starb, fand ich es lästig. Letztlich schließt man das Buch ja eh nicht und denkt: „Tja nun, dann erfahre ich wohl nie, was in dem Hotel los war.“, sondern geht zurück und entscheidet sich anders. Und wieder war das einfallslos, denn ich wusste ja nun, hinter welchem Buchstaben bei den Gesprächsweiterführungen der Tod wartete. Wenn ich mich an einer anderen Stelle wieder entscheiden konnte, wählte ich diesen Weg natürlich nicht. Und schon grenzte sich meine Entscheidungsvielfalt ein.
Das Buch ist eigentlich echt schön aufgemacht und die Story ist spannend.
Aber die Aufbereitung des Escape-Teils war für mich vollkommen verwirrend, uneindeutig und hinderlich. Ständig blätterte ich hin und her und blieb doch frustriert zurück.
Gauthier Wendling – Escape Book – Das Horror-Hotel
Originaltitel: Escape Book – Hôtel Mortel (Januar 2019)
Ullmann Medien GmbH, 12. August 2019
ISBN 374152395X
237 Seiten
Taschenbuch; 9,99 Euro
Kostenloses Rezensionsexemplar