Spielen bedeutete für Dostojewskij gegen das Schicksal zu wetten. Genauso ist diese Roman entstanden – in gerade vier Wochen -, denn wäre das Manuskript nicht rechtzeitig fertig geworden, hätte er alles an einen habgierigen Verleger verloren. ›Der Spieler‹ gelang: das rasende Porträt eines Spielsüchtigen in den mondänen deutschen Casinos der Zeit: Wiesbaden, Bad Homburg, Baden-Baden.
›Der Spieler‹ ist Dostojewskijs spannendster und kürzester Roman – hier in der gefeierten Übersetzung von Swetlana Geier. (Klappentext)
Ich musste für ein Seminar und die abschließende Hausarbeit meinen ersten Dostojewskij lesen. Ich bin wirklich kein großer Fan von „den Klassikern“. Bisher konnte mich da noch keiner begeistert. Ich hoffte, dass sich das mit diesem Buch vielleicht ändern könnte.
Der junge Hauslehrer Alexej Iwanowitsch ist mit dem General und der dazugehörigen Gefolgschaft in Roulettenburg, wo sie auf ein erlösendes Telegramm warten. Der General ist hoch verschuldet bei dem Franzosen des Grieux, der ein Auge auf Polina, die Stieftochter des Generals geworfen hat. So wartet er täglich auf die erlösende Information vom Tode seiner Erbtante. Doch nicht nur zum Bezahlen der Schulden braucht er das Geld, er möchte damit auch Mademoiselle Blanche überzeugen, ihn zu heiraten.
Doch anstelle der Nachricht kommt die quicklebendige Tante höchstpersönlich. Und damit entstehen zum einen Konflikte und zum anderen wird angefangen, das Casino in Roulettenburg ausgiebig zu nutzen…
Ich bin schockiert. Nicht nur dass der Klappentext so unfassbar nichtssagend war (er steht ebenso auf den ersten Seiten des Buches, wo ja manchmal eine ausführlichere Inhaltsangabe ist), sondern dass er von Dostojewskijs spannendstem Roman spricht.
Man wird mitten hinein geschmissen in die Geschichte um Alexej und seinen Arbeitgeber. Ohne Erklärungen werden alle weiteren Figuren wie selbstverständlich eingeführt. Die Verbindungen untereinander zeichneten sich nach und nach ab. Dabei fehlte auch direkt das Problem des Buches. Etwas, was gelöst werden muss. Ich wusste nicht, was mich erwarten wird. Relativ bald kristallisierte sich das Geldproblem ab, das mich aber vollkommen kalt ließ. Der Leser baut keine Verbindung zum General auf und auch zu niemandem anderen. Es war mir also von vornherein egal, ob alle Schulden beglichen werden oder der General und seine Begleitungen zugrunde gehen.
Die Darstellung ließ mich also unfassbar kalt. Es änderte sich erst ein wenig, als die Tante auf der Bildfläche erschien und mich mit ihrer direkten und dreisten Art sogar mal zum Schmunzeln brachte. Ihr Auftreten war auch der Auslöser für Casino-Besuche verschiedener Leute und damit ein Strudel hinab in die Spielsucht.
Dem Buch ist vorangestellt „Aus den Aufzeichnungen eines jungen Mannes“. Alexej ist der Ich-Erzähler, der im Laufe des Buches immer mehr in einen Wahn verfällt, wodurch die Aufzeichnungen wirrer und unsicherer werden. Aber auch wenn man merkt, dass er immer mehr durch seine Beschreibungen hetzt und Zeiten überspringt, kommt dieses Abrutschen in den Wahn nicht so klar heraus, wie es wohl beabsichtigt war.
Auch wenn die Tante einigermaßen sympathisch für mich war und Alexej mir allein aufgrund der Erzählerschaft näher war, konnte ich mich mit niemandem identifizieren. Niemandes Schicksal interessierte mich.
Ich sollte für das Seminar extra die Übersetzung von Swetlana Geier lesen. Ich habe keinen Vergleich und weiß auch nicht, ob es letztlich am Original lag, aber dafür, dass das Buch bald 150 Jahre alt ist, ließ es sich einigermaßen angenehm lesen. Aber trotzdem waren viele Sätze oft zu lang und zu verschachtelt. Alles wirkte gestelzt und alt, aber das liegt in der Natur der Sache.
Ich war nicht begeistert. Um nicht zu sagen, ich fand das Buch ganz, ganz schlimm.
Diese Darstellung der Situation zwischen dem General und seinen Leuten interessierte mich nicht. Seine Geldprobleme waren mir egal. Es kam kein Stück Spannung auf. Ich mochte die Personen und die Sprache nicht. Einzig die Tante hob ein wenig meine Lesestimmung. Minimal versteht sich.
Vielleicht lag es auch an mir und nicht an dem Buch. Vielleicht bin ich Kulturbanause und verkenne die Genialität des Buches und der langsamen Darstellung des Wahns. Ich weiß es nicht. Aber für mich ganz persönlich verdient das Buch nur .
Fjodor Dostojewskij – Der Spieler
Originaltitel: Игрок (Igrok) (1876)
FISCHER Taschenbuch, 11. November 2011
ISBN: 3596188997
229 Seiten
Taschenbuch, 9,99 Euro
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