Magdalena Nirva – Magdalena 24h

»Ich war wie geschaffen dafür, das Objekt ihrer Begierde zu sein. Oft war es aber auch anders herum. Ich war der Jäger…«

Magdalena ist 24, Literaturstudentin und liebt Sex. Als sie nach ihrer gescheiterten Ehe mit ihrem Kind mittellos dasteht, wirft sie alle Bedenken beiseite und sagt sich: »Warum soll ich damit nicht auch Geld verdienen?« Um ihr Kind zu versorgen. Um die Universität abzuschließen. Um sich ein schöneres Leben leisten zu können. Auf der Suche nach neuer Liebe begegnet sie dem anziehenden Bad Boy Eagle. Die beiden beschliessen, ihrer Heimat Bulgarien den Rücken zu kehren und nach Wien zu gehen, wo sie als Callgirl viel Geld verdienen kann. Doch bald wird Eagle von seiner Vergangenheit eingeholt, und sie müssen Wien eilig verlassen. Und Magdalena gerät immer tiefer in Abhängigkeit zu Eagle, der sein ›goldenes Huhn‹ zunehmend rücksichtslos antreibt und eifersüchtig bewacht… (Klappentext)

Als mich Magdalena anschrieb, ob ich ihren biografischen Debütroman lesen möchte, war ich sofort begeistert. In das Milieu rund um Prostituierte und Escort-Damen werde ich persönlich nie hineinkommen. Auch wenn ich in Hamburg wohne, hat das Rotlicht-Viertel mit meinem Alltag nichts zu tun. Und gerade deswegen war ich gespannt auf ein paar Geschichten. Nachdem mir Magdalena in unserem E-Mail-Verkehr schnell sympathisch wurde, freute ich mich sehr auf das Buch und begann es direkt nach dem Erhalt zu lesen.
Das war im August.
Ich muss es sagen, wie es ist: Dieses Buch stürzte mich in eine tiefe Leseflaute.

Vielleicht ging ich mit den falschen Erwartungen an das Buch. Der Klappentext verspricht unter der Erklärung zum Inhalt „skurrile Begebenheiten und emotionale Verwirrungen“. Es wird gesagt, das Buch wäre „amüsant, berührend und unmoralisch“. Deswegen hoffte ich, dass es hauptsächlich aus kurzen Anekdoten bestehen wird. So, wie man es von vielen Büchern kennt. Viele verschiedene Männer, aufregende Geschichten und alles ein bisschen verbunden durch einen roten Faden.

Bekommen habe ich das Gegenteil. Magdalena rollt ihr Leben von der Kindheit an auf. All ihre Ex-Freunde werden ausgewalzt, ebenso wie ihre Probleme mit der Mutter und dem Ex-Mann. Natürlich verstehe ich, dass der Teil ihres Lebens wichtig ist, um zu verstehen, dass es kam, wie es kam. Aber selbst zum Ende hin, als sie im Milieu fest verankert war, wurden über Seiten ihre Kolleginnen und deren privaten Probleme beschrieben.
Ein paar Geschichten mit Freiern kamen natürlich drin vor. Für meine Erwartungen waren es jedoch zu wenig und Geschichten mit manchen Stammkunden zogen sich lang.
Vor allem fehlten einfach Einblicke in ihr Gefühlsleben. Sie ließ ihren Sohn in Bulgarien zurück, aber es fehlte der Schmerz einer Mutter. Sie war in einem fremden Land, aber die vollkommene Hilfslosigkeit wurde nur beschrieben und nicht gefühlt. Sie wird geschlagen und misshandelt, aber wie es ihrer Seele dabei geht, wird nicht gesagt.

Ich fand das Buch – anders als angepriesen – weder amüsant, noch berührend.
Alles war relativ plump niedergeschrieben. Für ein persönliches Gespräch wäre es so ok gewesen, aber für ein Buch war es zu wenig. Es fehlte ein klassisches „Buch-Feeling“. So gibt es beispielsweise rhetorische Fragen mitten im Text, die ungelenk wirken, wie ein eingestreutes: „Doch was ist das?“ (S. 256)

Durch die Mischung aus wenig leichtfüßiger Sprache und einer zu breitgetretenen Lebensgeschichte fehlte auch komplett die Spannung. Und auch mit dem Interesse war es bei mir nicht weit her. Tagelang, zwischendurch sogar wochenlang, zog es mich nicht zum Buch. Wäre der Weg von Bulgarien über Österreich nach Berlin knackig erzählt gewesen, wäre ich mehr dabei geblieben. Mich hätten mehr die Zustände beziehungsweise Termine in den Bordellen und Escort-Agenturen interessiert. Es muss einfach mehr Spannendes zu berichten geben, als hier aufgeschrieben wurde.

Die Freier sind unterschiedlicher Natur. Manche liebevoll, andere schüchtern und wieder andere eklig. Aber ich hatte mehr Skurrilität erhofft. Vor allem hätten die Geschichten pointierter erzählt werden können.

Ich war also inhaltlich wirklich nicht begeistert und dann kam auch noch dazu, dass ich die Buch-Magdalena, anders als die E-Mail-Magdalena, wirklich unsympathisch fand. Sie wirkte kalt, berechnend und arrogant auf der einen Seite und völlig irrational liebend auf der anderen. Immer wieder fielen Sätze, die vielleicht stimmten, aber einfach unsympathisch klangen: „Erst, seitdem ich dort die Drinks servierte, war es immer voll. […] Jedenfalls steigerte ich ganz schön den Umsatz.“ (S. 57); „Sie ist nicht die Frau, die ein Mann sofort haben will, wenn er sie sieht, so wie bei mir.“ (S. 245) oder „Ich bin vierundzwanzig, ich bin so jung, so hübsch […]“ (S. 310)

Insgesamt gab es ein paar nette Geschichten auf den 379 Seiten, aber ich wurde weder gefesselt, noch berührt oder zum Lachen gebracht. Es ist wirklich schade, ich hätte das Buch so gern gemocht.

Magdalena Nirva – Magdalena 24h
Independently published, 28. Juli 2017
ISBN 1521865701
379 Seiten
Taschenbuch; 15,90 Euro

Kostenloses Rezensionsexemplar

6 Kommentare (+deinen hinzufügen?)

  1. Kastanies-Leseecke
    Dez 11, 2017 @ 20:14:19

    Danke für Deine Rezension, mir ging es da ja ähnlich wie Dir. Mir fehlte auch das Gefühl, etwas Spannung und vor allem ein roter Faden!
    Ich hatte das Buch auch immer mal beiseite gelegt und nur begrenzt Lust es weiterzulesen…

    Liebe Grüße
    Kerstin

    Antworten

    • buecherherz
      Dez 11, 2017 @ 20:20:38

      Ach Mann, Kerstin, ich bin ja blöd… Ich habe gestern noch einmal bei dir auf dem Blog zurückgescrollt, um deine Rezension zu lesen und zu kommentieren (nachdem meine dann online war). Ich wollte sie vorher nicht lesen, um mich mit meinen Formulierungen nicht an dir zu orientieren. Und dann hab ich sie gelesen, mich gefreut, dass wir es gleich empfanden und vergessen zu kommentieren. Sorry!

      Das Buch hat auf Amazon aber ziemlich gute Bewertungen, hab ich gesehen. Schade, dass wir beide nicht so begeistert waren.

      Liebe Grüße
      Julia

      Antworten

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