Die LiteraTour Nord – diese Mischung aus Lesereise und Lesewettbewerb – ging mit Teresa Präauer und ihrem Buch „Oh Schimmi“ in die zweite Runde.
Wie kann einer sich bloß derart zum Affen machen beim Zappen durchs Fernsehprogramm und auf seinen Wegen durch die Bars und Nagelstudios der Großstadt? Ständig auf der Suche nach der nächsten Liebe, immer wieder unterbrochen vom Handyläuten der Mutter. In ihrem sexuell aufgeladenen, extrem komischen und brutal harten Buch performt Teresa Präauer Sprache und zeigt, dass Anbaggern noch immer eine verbale Disziplin ist. (Inhalt laut Programmheft der LiteraTour Nord)
Wieder habe ich das Buch nicht gelesen, doch anders als bei „Der Engelherd“ von Olga Martynova vom ersten Termin, habe ich in „Oh Schimmi“ zumindest reingelesen. Ich habe jedoch nur die erste Seite geschafft, bevor ich es entnervt zuklappte.
Im Seminar beschäftigten wir uns aber ausgiebig mit dem Buch, weswegen sich meine Meinung formen konnte.
Präauer spielt mit der Sprache, das wird vom ersten Satz an deutlich. Doch Spiele machen nicht immer Spaß. Sie lässt Schimmi wirr reden mit vielen Ellipsen, Anglizismen, unvollendeten Sätzen, Gedankensprüngen und rhetorische Fragen. Schimmi, der eigentlich Jimmi heißt, wirkt jedoch nicht nur durch seine Sprache schlagartig unsympathisch. Auch sein Charakter kann es den Lesern schwer machen. Er ist ein Macho mit Stalkerambitionen und die meiste Zeit verbringt er beim Telefonieren mit den Damen der Sexhotlines im Fernsehen. Die Beziehung zu seinen Eltern ist ähnlich schwierig.
Die Leser des Buches aus meinem Seminar waren sich einig: Sprachspiele gut und schön, das Buch ist furchtbar anstrengend zu lesen. Vor allem scheint Frau Präauer, die sich selber sowohl als schreibende Bildhauerin als auch bildhauende Schreiberin sieht, die Sprache über den Inhalt zu stellen.
Vorrangig nimmt die Autorin deutsche Sprichworte auseinander und führt dem Leser die Bilder wortwörtlich vor Augen. In diesem Buch nimmt sie sich den Affen-Sprichworten an.
Mit gut 200 Seiten ist „Oh Schimmi“ relativ kurz. Da passt es sprachlich ganz schön, dass auch der Inhalt zu kurz kommt. Neben der ausführlichen Darstellung von Schimmi und seinen Ansichten geht es auch um seine Schwärmerei für Ninni, die er durch die Scheibe eines Nagelstudios beobachtet. Doch viel mehr bietet das Buch nicht.
Ich bin also zur Lesung mit einer relativ negativen Meinung bezüglich des Buches gegangen. Zu der Autorin an sich hatte ich keine Meinung.
Und auch wenn mir Teresa Präauer in den anderthalb Stunden dann nicht sehr sympathisch wurde, da sie immer latent unterkühlt wirkte, muss man ihr eines zugutehalten: In diesem äußerst begrenzten Rahmen – es gibt keine Leinwand und keinen Platz, nur ein Stuhl und einen Tisch haben die Autoren – gestaltete die Autorin die Lesung eher als Performance. Sie spielte mit ihrer Stimme, mit den Gesten und Blicken. Selbst die vollkommen abgehackte Sprache wurde so mit Sinn gefüllt. Die Pausen an der richtigen Stelle, die Stimme leiser und lauter. Teresa Präauer verlieh Schimmi eine vollkommen überzeugende Stimme.
Ich wurde also letztendlich mit dem Buch und der Autorin nicht wirklich warm. Wer trotzdem auf ein Buch mit dem affengeilen Schimmi, der dem Affen Zucker gibt, sich aber selber zum Affen macht, Lust hat, kann ja mal in „Oh Schimmi“ reingucken.
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