Wie lebt man ein Leben, wenn man alle sieben Jahre eine neue Chance bekommt? Seit ihrem einundzwanzigsten Lebensjahr wird eine junge Frau von mysteriösen Metamorphosen heimgesucht, aus denen sie in einem neuen Körper und konstant verjüngt erwacht. Von der CIA gejagt, findet sie verstörende Antworten auf ihre Herkunftsfrage und trifft auf mächtige Cyborgs, die ihr eine schwere Bürde auferlegen: die Entscheidung über die Kontrolle der Menschheit, um sie vor sich selbst zu retten. Drei Metamorphosen lang hat sie Bedenkzeit und ringt sich am Ende zu einer Entscheidung durch, welche die Welt ein für alle Mal verändert… (Klappentext)
Ich habe mich sehr darüber gefreut, als Astrid Schilcher anfragte, ob ich ihr Buch „Frühstücksei à la Goethe mit Metamorphosen“ lesen möchte, denn das Thema klang wirklich interessant.
Und diese Idee fand ich beim Lesen immer noch toll. Alle sieben Jahre wacht die junge Frau als jemand anderes auf, sieht anders aus, heißt anders. Wie soll man da Konstanten ins Leben bekommen? Und kann man Dinge ohne Konsequenzen machen, wenn man bald eh nicht mehr gefunden werden kann?
Dies ist auch der Grund, warum ich hoffte, der erzählerische Fokus würde auf den Metamorphosen und den entsprechenden Leben, die ja immerhin sieben Jahre – und damit gar nicht mal so kurz – dauern. Da das Buch mit 176 Seiten relativ kurz ist, war schon davon auszugehen, dass nicht alles weitreichend ausgeschmückt sein wird, aber ich fand es oft definitiv zu kurz. Wenn die neuen Leben in ein oder zwei kurzen Kapiteln abgehandelt wurden, flogen Namen, Aussehen, Ereignisse nur so an mir vorbei. Sieben Jahre als eine Person und ich als Leser habe die gar nicht wirklich wahrgenommen.
Die Frage nach der Herkunft und die Jagd durch die CIA nahm auch einen großen Teil des Buches ein. Gerade Zweiteres ist generell in keinem Buch mein Lieblingsthema, aber dafür kann die Autorin ja nichts. Daher konnte mich aber keine Spannung packen, auch wenn mich interessierte, woher die Metamorphosen kamen. Ich wurde nicht zum Weiterlesen „gezwungen“.
Leider hat mir die Umsetzung der grundsätzlich interessanten Geschichte auch aus mehreren Gründen nicht wirklich gefallen.
Ich mag es, wenn ich mit Personen mitfühlen kann. Die junge Frau in diesem Buch schaffte es nicht. Gerade durch die wechselnden Leben fand ich den Charakter und die Seele wichtig, die ja immer gleich bleiben. So richtig kam beides jedoch nicht durch. Ich bekam den Kern der Person einfach nicht zu fassen. Sie bleibt distanziert, zu unterkühlt.
Damit war ich auch nie berührt, egal wie dramatisch das Geschehen gerade war.
Die Sprache strengte mich am gesamten Buch jedoch am meisten an.
Die Autorin ist Österreicherin und für meine deutschen Ohren sind bestimmte Ausdrücke und Wortzusammenstellungen immer so ungewöhnlich, dass ich aus dem Lesefluss gerissen werde. Aber das ist ja im Prinzip mein Problem und nicht das von Astrid Schilcher. Wie es jedoch häufig bei Debütromanen ist, merkte man in dem unbedingten Willen, variabel zu schreiben, eine bestimmte Steifheit. Der Wunsch nach Synonymen brachte manches Mal seltsame Konstruktionen hervor, wie „prustende Lacheruptionen“ (S. 74).
Die Geschichte begann im Jahr 1948 und ich war mir nie sicher, ob nur dadurch die Sprache vor allem zu Beginn des Buches sehr altbacken wirkte: „Ich querte die Murbrücke, fand besagte Gaststätte und gab mich den Gaumenfreuden eines vortrefflich zubereiteten Mahls hin […]“ (S. 23). Auch wenn es zu der Zeit sicherlich passte, mochte ich es nicht. Ich hatte immer die Hoffnung, dass die Autorin die Sprache ebenso wie die Zeit voranschreiten lässt, moderner werden lässt. Tatsächlich passierte das, aber so richtig modern wurde es trotzdem nie. Ein zweiter Grund, warum ich oft ein wenig aus dem Lesefluss gerissen wurde.
Und noch etwas, was mich oft irritierte: Ich bin wirklich nicht dumm, aber bei diesem Buch fühlte ich mich ab und zu so. Es gab viele Hinweise auf Musiker, Maler, Künstler im Allgemeinen. Die meisten kannte ich, verstand ich, manchmal blieb ich aber fragend zurück: „Was würden Philip Marlowe oder Mike Hammer an meiner Stelle tun? Obwohl ich Chandler und Spillane nur in homöopathischen Dosen genossen hatte […]“ (S. 52).
Ich bin auch nach dem Beenden des Buches von der Idee immer noch begeistert. Ich hätte sie nur gern mehr ausgeführt gesehen. Intensiver beschrieben. Näher dran, sodass ich mitfühlen kann.
Die Autorin hat aber auf jeden Fall Potenzial und wenn mehr Erfahrung beim Schreiben dazu kommt, könnten ihre nächsten Bücher auf jeden Fall einen Blick wert sein.
Dieses hier bekommt aufgrund der Kritikpunkte erst einmal von mir.
Astrid Schilcher – Frühstücksei à la Goethe mit Metamorphosen
Books on Demand, 07. Januar 2016
ISBN 3739221186
176 Seiten
Taschenbuch; 12,90 Euro
Kostenloses Rezensionsexemplar