Maria Semple – Wo steckst du, Bernadette?

Semple_Wo steckst du Bernadette

Bernadette Fox ist berüchtigt. In Fachkreisen gilt sie als Stararchitektin mit revolutionären Ideen. Ihr Ehemann Elgie, der neue Hoffnungsträger bei Microsoft, liebt sie für ihren Witz. Und für ihre verrückten Ideen. Und irgendwie auch für ihre Launen. Und manchmal sogar für ihre quälenden Ängste. Die anderen Mütter halten Bernadette allerdings für eine Nervensäge. Durchgeknallt. Verantwortungslos. Schließlich beschäftigt sie online eine indische Assistentin, die ihren Alltag für sie regelt. Zum Stundensatz von 0,75 Dollar bucht Manjula Kapoor Familienurlaube, reserviert den Tisch im Restaurant und erledigt mal eben die Bankgeschäfte. Und für ihre 15-jährige Bee, die kleine Streberin, ist Bernadette, na ja, eine Mutter. Bee kennt ja keine andere. Doch dann verschwindet Bernadette auf einmal…
(Inhaltszusammenfassung im Buch)

Es ist fast ein Jahr her, da habe ich dieses Buch als Rezensionsexemplar erhalten. Doch andere Bücher hatten immer eine höhere Priorität. Im Juli entschied ich mich dann doch endlich, es mal anzufangen. Dann kam die Prüfungsphase und ich hatte keine Zeit mehr. Das Buch lag ein paar Wochen, nachdem ich in den Anfang so schnell hineingefunden hatte. Nachdem ich es nun weiterlas, dauerte das Beenden nicht lange.

Die Grundgeschichte an sich ist nicht sonderlich neu und besonders. Aber die Figuren sind es.

Bernadette Fox, ihr Mann Elgie Branch und ihre Tochter Bee leben in einer ehemaligen Mädchenerziehungsanstalt, die mittlerweile ziemlich heruntergekommen ist. Nicht nur deswegen ist der Ruf der Familie nicht der beste. Elgie ist selten da und dann steht er auch noch voll und ganz hinter den seltsamen Verhaltensweisen seiner Frau. Und diese gefallen den Nachbarn und den Müttern von Bees Mitschülern ganz und gar nicht. Bernadette redet nämlich nicht mit ihnen, hält sich von Schulaktivitäten fern und wirkt auch ansonsten nicht sehr herzlich. Immerhin lässt sie ihr krankes Kind in einer Bruchbude wohnen. Und dann lässt sie Manjula auch noch ihren kompletten Alltag planen. Zum Beispiel die Reise, die die Familie auf Bees Wunsch hin antreten will – in die Antarktis…

Bis das titelgebende Ereignis eintritt, sind schon gut zwei Drittel des Buches vorbei. Und in diesen zwei Dritteln lernt man das Leben von Bernadettes Familie sehr genau kennen. Immer wieder taucht man in die Vergangenheit ein, um die Charaktere voll erfassen zu können. Vor allem, um zu verstehen, warum Bernadette so verschroben und seltsam ist.

Die Geschichte kann man dabei vor allem über E-Mails, Briefe, Krankenakten und handschriftliche Zettel verfolgen. Allein durch die Kürze vieler dieser Schriftstücke liest sich das Buch schnell und wirkt rasant. Immer neue Entwicklungen aus den Perspektiven verschiedener Leute. Zusammengehalten werden diese Einzelteile von Bees übergreifender Erzählung.

Für mich persönlich schafften diese kurzen Briefe auch die Spannung. Es ging immer weiter, aber nur die wichtigsten Dinge wurden mitgeteilt. Trotz des Austausches zwischen zwei Buchfiguren war man mitten in der Geschichte. Auch die Figuren mit all ihren Besonderheiten waren spannend. Ich wollte entdecken und aufdecken, auf das Verschwinden zusteuern.
Doch umso weiter die Geschichte voranschritt, umso länger wurden die Briefe. Die verschiedenen Schichten der Figuren waren auch relativ schnell aufgedeckt. Man hörte immer wieder von denselben Charakteristiken, nur durch andere Menschen. Vor allem die Skurrilitäten von Bernadette waren am Ende immer dieselben. Verschiedene Menschen brachten nur ähnliche Beispiele, um alles zu untermauern.
Das Verschwinden von ihr brachte dann noch einmal ein wenig Schwung in die Geschichte und auch die Spannung stieg wieder. Nun wollte ich doch wissen, wo sie war und wie sie so einfach spurlos verschwinden konnte.

Ich mochte die 15-jährige Bee sehr gern, doch alle Erwachsenen in ihren Umfeld – Eltern wie Nachbarn – waren anstrengend. So besonders und individuell die Charaktere auch waren, sympathisch waren sie nicht. Vor allem durch die ungewöhnlichen Eigenschaften ist es schwer, sich in sie hineinzuversetzen.

Insgesamt macht das Ungewöhnliche den Reiz des ganzen Buches aus. Doch spätestens nach der Hälfte scheint alles entdeckt und erklärt. Dann lässt auch die Spannung nach, die erst zum Schluss noch einmal aufkommt.
Ich musste zwar weder wirklich lachen, noch war ich tief berührt, aber ich fühlte mich sehr wohl mit dem Buch. 3,5 Sterne

Maria Semple – Wo steckst du, Bernadette?
Originaltitel: Where’d You Go, Bernadette (2012)
btb Verlag, 12. Januar 2015
ISBN 3442748518
384 Seiten
Taschenbuch; 9,99 Euro

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