
Es beginnt mit einem Brief.
Laurel soll für ihren Englischunterricht an eine verstorbene Persönlichkeit schreiben. Sie wählt Kurt Cobain, den Lieblingssänger ihrer Schwester May, die ebenfalls viel zu früh starb. Aus dem ersten Brief wird eine lange Unterhaltung mit toten Berühmtheiten wie Janis Joplin, Amy Winehouse und Heath Ledger. Denn die Toten verstehen Laurel besser als die Lebenden. Laurel erzählt ihnen von der neuen Schule, ihren neuen Freunden und Sky, ihrer großen Liebe. Doch erst, als sie die Wahrheit über sich und ihre Schwester May offenbart, findet sie einen Weg zurück ins Leben… (Klappentext)
Ich sah das Buch plötzlich überall auf Instagram und auf Blogs. Ich las mir in der Buchhandlung durch, worum es geht. Ich schlug es kurz auf und las ein paar Sätze an. Ich wollte es haben wie lange kein Buch mehr. Mein Freund schenkte es mir und ich habe mich wahnsinnig gefreut.
Ich wollte Laurels Leben kennenlernen, das sie in so vielen Briefen an die Verstorbenen offenlegt.
Und wie das gemacht wurde, fand ich außerordentlich gelungen. Die Briefe sind immer eine perfekte Mischung aus Bezug zum Adressaten und dem Alltag und den Gedanken von Laurel. Mit jedem Brief wird die Geschichte vorangetrieben und gleichzeitig ein Bogen geschlagen zu den Liedern, Filmen, Gedichten und Geschichten der Berühmtheiten, die immer auch in Verbindung zu Laurels und Mays Leben stehen.
Die Story an sich findet seinen Ausgangspunkt im Schulwechsel von Laurel, die nun auf die Highschool geht und dort neue Leute kennenlernen muss . Leute, die weder sie noch May kennen und wo sie nicht mehr „die kleine Schwester der Toten“ ist.
So hofft sie mit dem Verlust ihrer perfekten Schwester, ihrem leuchtenden Vorbild, ihrer über alles geliebten May fertig zu werden.
Sie findet Freunde und verliebt sich und wird dabei Schritt für Schritt erwachsener.
Sie lebt abwechselnd bei ihrem zurückgezogenen Vater und der religiösen Tante und muss nebenbei noch damit fertigwerden, dass ihre Mutter weggezogen ist, um Abstand zu den Erlebnissen zu bekommen.
In „Love Letters to the Dead“ lernt man alle Figuren unglaublich gut kennen. Alle waren mir auf die eine oder andere Art sympathisch.
Jeder ist vielschichtig und komplex angelegt. Jeder besteht aus Gefühlen, Gedanken, Problemen, Vorlieben und alles wirbelt sie durch dieses Buch. Selbst die Prominenten werden auf verschiedenste Weisen beleuchtet: Ihre Vergangenheit, ihre Werke, ihre Narben, ihre Tode.
Das ganze Buch besteht aus vielfältigem Kennenlernen. Vielleicht sogar von sich selber.
Mein einziges Problem dabei war: Laurel und ihre Freundinnen kamen mir einiges älter als 14 oder 15 vor. Ich habe es bis zum Ende des Buches nicht geschafft, das Alter mit dem Charakter in Einklang zu bringen.
Zusätzlich fehlte mir leider die Spannung. Ich erwartete lange die Auflösung um Mays Tod, aber der Weg dorthin ließ mich keinesfalls gespannt zurück. Ganz im Gegenteil. Es fiel mir oft seltsam schwer, mir zu merken, was in den letzten Kapiteln passiert ist. Immer, wenn ich das Buch wieder zur Hand nahm, blätterte ich die letzten Briefe durch, um wieder den Anschluss zu finden.
Auch wenn die Figuren alle Entwicklungen durchleben, waren sie nicht so aufregend, dass ich unbedingt dranbleiben wollte.
Wenn man vom Tod der Schwester absieht, war es eine typische Story, um ein paar Jugendliche, die ihren Platz in der Welt suchen und dabei alle die bekannten Höhen und Tiefen der Jugend erleben.
An vielen Stellen konnte mich die Sprache jedoch begeistern. Sie war so bildhaft, poetisch und wunderschön, dass ich meinem Freund eine Stelle sogar laut vorlesen musste.
Wie alles in dem Buch flossen diese besonderen Sprachbilder in einem perfekten Verhältnis zu dem normal, angenehmen Jugendbuch-Sprachstil ein.
Ich erlebte nur den Tod von Heath Ledger und Amy Winehouse bewusst.
Als River Phoenix starb, war ich 4 Jahre, als Kurt Cobain starb, war ich 5 Jahre alt. Ich habe „Stand by Me“ ausschnittweise in der Schule gesehen und mochte nicht, was ich sah. Von Nirvana kenne ich nur die allgemein bekannten Lieder und besitze auch kein Album von ihnen. Trotzdem konnte ich Laurels Beziehungen und Gedanken zu diesen Personen und all den anderen verstehen und nachvollziehen.
Ich freute mich auf jeden neuen Brief und jeden neuen Adressaten.
Und ich freute mich auch, immer mehr in Laurels Vergangenheit und Gegenwart einzutauchen, ihre neuen Freunde kennenzulernen genauso wie ihre alten Geister.
Am Ende fehlte mir jedoch ein bisschen die Spannung.
Die Auflösung um die Wahrheit von Laurel und May war zwar traurig, aber war nicht so außergewöhnlich, wie gedacht.
Die Figuren und die Sprache waren toll, animierten mich aber nicht zum stetigen Lesen.
Im Großen und Ganzen hat mir dieser Briefroman aber wirklich gut gefallen, ich mochte Laurel und habe gern ihr Leben kennengelernt und verfolgt, auch wenn es nicht so besonders war, wie erhofft. 
Ava Dellaira – Love Letters to the Dead
Originaltitel: Love Letters to the Dead (April 2014)
cbt, Februar 2015
ISBN 3570163148
412 Seiten
Gebunden; 17,99 Euro