
Henry ist ein erfolgreicher Schriftsteller. Er ist elegant, großzügig und sehr gefährlich. Henry führt ein angenehmes Leben – bis seine Geliebte ihm eröffnet, dass sie ein Kind von ihm erwartet. Nun müsste er seiner Frau alles erzählen. Aber muss er ihr wirklich alles sagen? Einfacher ist es, die Geliebte aus dem Weg zu räumen. Doch genau dabei passiert Henry ein fatales Missgeschick. (Klappentext)
Der Titel ist hier Programm. Henry lügt und betrügt, wo er nur kann und selbst die Wahrheit verdreht er so sehr, bis sie als solche nur noch schwer zu erkennen ist.
Das machte es mir auch so schwer, mich in Henry hineinzuversetzen. Er ist kein sympathischer Charakter, er hält den Leser ebenso wie die Menschen um sich herum auf Distanz.
Doch auch zu den anderen Figuren habe ich keine Bindung aufbauen können. Sie hatten alle Verhaltensweisen und trafen Entscheidungen, die mir unlogisch erschienen.
Doch nicht nur das war unlogisch, auch die Geschichte an sich machte es mir ab zu schwer, ihr zu folgen. Es mag an den Lügen gelegen haben und einfach an der grundsätzlichen Uninteressantheit, dass ich mir gar nicht alles merken wollte und mir dann beim weiteren Lesen einige Details wieder fehlten.
Natürlich, der fatale Fehler, den Henry beging, der war überraschend für mich. So überraschend, dass ich einen lauten, schockierten Ruf ausstieß und dann „Really?!“ fragte.
Aber das war auch das Spannendste am ganzen Buch. Ab da verlief es relativ vorhersehbar.
Hier und da noch eine kleine Wendung, aber nichts, was mich noch schocken konnte. Am Ende traute ich Henry eh alles zu.
Auch die Sprache vereitelte mir meinen Lesespaß. Oft klang es so, als würde Herr Arango gezielt Fremdwörter oder fremdsprachliche Ausdrücke einfließen lassen, um das Buch nicht allzu banal erscheinen zu lassen. Immer öfter dachte ich, dass hier ein Autor bei seinem Debüt gleich versucht große Literatur zu schaffen.
Ich hatte gehofft, menschliche Abgründe zu sehen und verwirrenden Pfaden folgen zu müssen in diesem Buch, aber für mich war Henry zu „klischee-böse“. Er ist für mich kein menschlicher Abgrund, sondern eher ein notorischer Lügner, der nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht und dazu kaltherzig ist.
Darüber hinaus blieben schlussendlich viel zu viele Fragen offen, die im Laufe des Buches eine große Rolle zu spielen schienen. Ich für mich konnte so bis zum Ende nicht wirklich klären, wer Henry ist, was ihn ausmacht, was er fühlt und warum er ist, wie er ist.
Immer wieder dachte ich: Wenn jemand, der ganz selten liest, sagt: „Heute lese ich mal ein Buch!“, dann würde es genau das sein. Seichte Story, flache Charaktere, nichts, was lange im Gedächtnis bleibt. So stelle ich mir diese Einsame-Berghütte-vor-Kamin-mit-Wein-„Heute mal ein Buch-„Leser vor.
Herr Arango ist Drehbuchautor und hat auch schon ein paar Tatorte geschrieben. Ich habe noch nie einen Tatort gesehen, aber mein Gefühl sagt mir, dass er lieber dabei bleiben sollte. 
Sascha Arango – Die Wahrheit und andere Lügen
C. Bertelsmann Verlag, 3. März 2014
ISBN 3570101460
299 Seiten
Gebunden; 19,99 Euro