Jenny Downham – Bevor ich sterbe

Die 16-jährige Tessa hat Leukämie, und die Ärzte machen ihr nur noch wenig Hoffnung. Aber Tessa will leben, wenigstens in der Zeit, die ihr noch bleibt. Sie schreibt an ihre Zimmerwand zehn Dinge, die sie tun will, bevor sie stirbt: Sex haben, Drogen nehmen, für einen Tag berühmt sein, etwas Verbotenes tun…
Und dann trifft sie Adam, und er ist der Erste, der sie versteht. Tessa spürt, dass sie etwas mit Adam verbindet, doch sie wehrt sich dagegen. Und dann begreift sie, dass sie zum ersten Mal verliebt ist. Aber darf man lieben, wenn man stirbt? (Klappentext)

Das klingt nach einer vielversprechenden, tragischen und vielleicht auch wunderschönen Geschichte.
Ich fand nur leider nie Zugang zu ihr.

Es fängt schon damit an, dass ich keine Person sympathisch fand.
Tessa ist natürlich jung hat ein schweres Schicksal und hat eine Mordswut in sich, warum denn nun ausgerechnet sie sterben muss. Trotzdem fand ich sie nur nervig und zickig. Obwohl sie der Ich-Erzähler ist, konnte ich keine Verbindung zu ihr aufbauen. Ich mochte sie einfach nicht.
Der Vater macht sich Sorgen, ganz klar, und er versucht auch nur das Beste für seine Tochter zu machen. Ihn fand ich dennoch nur anstrengend, streng und gluckenhaft.
Von Cal, dem Bruder, will ich fast gar nicht erst anfangen. Auch er ist verängstigt und noch einiges jünger als Tessa (er geht in die siebte Klasse) und versucht auf seine ganz eigene Art mit dem (vielleicht) baldigen Tod seiner Schwester klarzukommen, aber muss man deswegen zum Teil so auf cool machen und auch Sätze loslassen wie „Hoffentlich stirbst du, während ich in der Schule bin! […] Und hoffentlich tut es verdammt weh! Und hoffentlich begraben sie dich an irgend ‘nem scheußlichen Ort, zum Beispiel im Fischladen oder beim Zahnarzt!“ (Zur Info: das war KEIN morbides Spiel, was die beiden immer spielen oder so)?
Die Mutter hat vor mehreren Jahren einfach ihre Familie verlassen um durch die Welt zu reisen und was mit jüngeren Kerlen anzufangen. Seltsamerweise konnte sie auch im Laufe der Geschichte mein Herz nicht erobern.
Die beste Freundin Zoey ist zu allem Überfluss auch nur egoistisch und einfach nicht mein Fall.
So ging es mir noch mit ein paar anderen Figuren.

Die Geschichte an sich finde ich auch nicht wirklich neu. Da Tessa bald sterben muss, hat sie sich nun eine Liste mit Dingen vorgenommen, die sie noch machen will. Zum Beispiel will sie Drogen nehmen, an einem Tag so viel Verbotenes tun wie nur möglich, Sex haben oder einen ganzen Tag lang zu allem Ja sagen.
Man hätte aus der Sache mit der Liste echt was machen können, wurde aber meiner Meinung nach nicht. Alles wurde recht fix abgehandelt.

Und die Beziehung zu Adam war mir an sich zu gefühllos. Vom Klappentext her, hätte ich mehr erwartet. Der Zwiespalt hätte definitiv besser rausgearbeitet werden können und müssen.

Was mir die ganze Sache noch sehr verübelt hat, war die Sprache. Zum einen gab es einige Rechtschreibfehler, dann auch richtige inhaltliche Fehler (Namen wurden vertauscht). Und dann gab es einfach ganz oft Sätze, die für mich keinen Sinn ergaben. Ich komme nicht umhin, ich muss Beispiele bringen:
1. „Sondern er sollte sich um Cal kümmern, der etwas die Treppe raufruft, über die Luft, die hinten am Fernseher rauskommt.“ (S. 144)
2. „Ein dunkles Loch öffnet sich in der Zimmerdecke und füllt sich mit Dunst, wie Sachen, die durch Bäume rieseln.“ (S. 147)
3. „Wenn man uns so hört – Adam, Zoey und mich -, ist es, wie wenn jemand anbietet, durch ein Fenster zu klettern. Dahinter ist alles möglich.“ (S. 283)
Also entweder hat der Übersetzer echt schlecht gearbeitet, oder Frau Downham hat eine komische Art sich auszudrücken.

Außerdem hat mich gestört, dass wichtige Sachen aus dem Plot erst sehr spät genannt wurden. Dass wir uns in London befinden zum Beispiel erst auf Seite 122 (wenn man den weiß, wo der Buckingham Palace ist 😉 ) und dass Tessa Leukämie hat sogar erst auf Seite 133. Vorher war immer nur die Rede vom Krebs (ja gut, es wurde schon im Klappentext erwähnt, aber den kann man ja nun nicht als Teil der Handlung anerkennen).

Schön am Buch war aber doch wie behutsam mit dem Thema Krankheit umgegangen wurde. Ohne Effekthascherei konnte man ganz langsam die Veränderungen an Tessa und vor allem IN Tessa mitbekommen.
Andererseits hat mich da aber auch etwas gestört. Tessa tat immer so, als würde sie wirklich den Staub fallen und Leute atmen hören, die weit weg sind. Oder sie hörte wie Blätter auf den Boden fallen. Es hat sich nie wirklich aufgelöst, ob sie sich das einbildet (durch die Chemos?) oder ob sie wirklich ein ganz spezielles Gehör hat.
So ging es mir offensichtlich häufig mit dem Buch. Mir fehlen Erklärungen und ich verstehe einfach nicht, was man mir damit sagen will.

Das letzte Fünftel wurde dann noch mal besser und ich musste es bis nachts halb 3 in einem Rutsch durchlesen. Und habe Rotz und Wasser geheult (was jetzt weder eine Bestätigung ist, dass sie gestorben ist, noch dass sie überlebt hat. Also eins von beiden stimmt natürlich. Was? Lasst euch überraschen!).
Das konnte dann dahingehend noch mal etwas rausreißen, dass es nun gibt.
Aber aus voller Überzeugung kann ich es nicht weiterempfehlen.

Jenny Downham – Bevor ich sterbe
Originaltitel: Before I die (2007)
Goldmann Verlag, November 2009
ISBN 3442471060
316 Seiten
Taschenbuch; 8,95 Euro

5 Kommentare (+deinen hinzufügen?)

  1. sommerelfe
    Okt 26, 2011 @ 21:43:23

    oh, das Buch habe ich auch noch zuhause liegen, konnte mich aber bisher nicht aufraffen es zu lesen. Jetzt hab ich Angst deine Rezension zu lesen. 🙂 Vielleicht will ich es dann garnicht mehr?

    Antworten

    • buecherherz
      Okt 26, 2011 @ 22:25:22

      Naja, ich fand es ja gar nicht soooo schlimm. Nur die Ausdrucksweise war gruselig. Vielleicht gefällt es dir ja doch besser. Ich drücke dir da ganz doll die Daumen 🙂

      Antworten

  2. Weisselilie
    Mai 29, 2012 @ 18:49:44

    Hab das Buch gestern nacht noch fertig gelesen und fand es besser. Aber es war manchmal soo zäh…

    Würde mich über einen Gegenbesuch freuen.

    LG
    Weisselilie

    Antworten

  3. Weisselilie
    Mai 30, 2012 @ 11:01:10

    tja verschiedene Geschmäcker… aber den Satz mit dem Fenster, musste ich auch 3x lesen bis ich ihm verstand: nämlich, dass man in eine Traumwelt oder so schlüpfen kann, in der alles möglich sein kann…

    LG
    Weisselilie

    Antworten

  4. Trackback: Sarah Sprinz – In unserem Universum sind wir unendlich [Hörbuch] | Buecherherz

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