Evelyn Holst – Dann geh doch

Bücher sind ja immer mal wieder für eine Überraschung gut. Manche enttäuschen maßlos trotz fantastischen Klappentextes und manche, von denen man es nie gedacht (und schon gar nicht erwartet hätte), werden zu Lieblingsbüchern. Einfach so.. und man kann nichts dagegen tun.
So verhält es sich auch mit diesem wunderbaren Buch.

Der Klappentext ließ auf ein nettes Buch hoffen, dass sich schnell weglesen lässt. Wahrscheinlich mit etwas Humor (wenn nicht wieder der meiste Humor bei dem Klappentext verpulvert wurde), mehr aber auch nicht wirklich:

Nora traut ihren Augen kaum, als sie sieht, was sich während ihrer Geburtstagsparty hinter den Hortensienbüschen zuträgt. Ihr immer noch geliebter Zahnarzt (und seit 24 Jahren Ehemann) Guido vergnügt sich mit der 23-jährigen Jenna, der besten Freundin der gemeinsamen Tochter! Damit ist das Fest natürlich gelaufen, vor allem für Guido, der hochkant aus der Wohnung fliegt. Und weil Nora ihn trotz aller Beteuerungen und Liebesschwüre nicht wiederhaben will, zieht er zu seiner Jenna. Die wohnt allerdings noch bei Ihren Eltern. Nora bekommt hingegen Zuspruch von ihrer besten Freundin Karina, einer sexsüchtigen Journalistin. Auf ihren Rat hin stürzt sie sich wieder auf die Männerwelt und findet langsam Gefallen an ihrer neuen Freiheit.

Geschrieben ist das Buch in Form eines Tagebuchs. Zugegebenermaßen auch nicht die Innovation schlechthin, aber passend. So konnte Nora ihren Frust und ihre Wut auch mal kurz und prägnant in Stichpunkten, Ellipsen oder Ausrufen loswerden. Gut, könnte sie auch, wenn sie der Ich-Erzähler ist, doch das wäre schon öfter mal ungünstig gewesen. Ich erzähle nämlich relativ selten in Stichpunkten… Und die Form des Tagebuchs bringt einem die geheimsten Gedanken noch näher.

Die Figuren sind wunderbar beschrieben und wurden mit liebevollen Details versehen. Nora ist in ihrem Verhalten nur allzu weiblich, jede Frau wird sie verstehen. Und trotzdem verstrickt sich Frau Holtz nicht in Klischees. Ich habe eher diesen Mario-Barth-Effekt entdeckt; dieses „Oh verdammt, er hat recht. So bin ich ja auch….“. Ich mochte das total.

Gut gelungen sind auch die kleinen Überraschungen und Wendungen. Es schien zwar von Anfang an relativ klar, ob sie zu Guido zurückkehrt oder doch eine neue Liebe findet, aber trotzdem war nicht alles vorhersehbar.

Ich hatte dieses Buch aus zwei Gründen gekauft: es hat nur 2,50 € gekostet und das Cover sah schön aus. Das kann manchmal ja schon ausreichen. 😉
Laut Klappentext schien man ja nicht viel Neues erwarten zu können außer des typischen „Lange Ehe → Mann betrügt Frau mit einer Jüngeren → Mann kommt mit der Jüngeren zusammen → Mann hat neue Familie/Mann geht zu Ehefrau zurück/alle werden glücklich/keiner wird glücklich“ (Ende hier jeweils austauschbar). Solche Art von Büchern gibt es ja nun wirklich zuhauf. Im Nachhinein kann ich aber sagen, das Buch wäre für mich locker das Zehnfache wert gewesen, es hebt sich nämlich wirklich von dem Rest.
Ich bin sehr froh, dass ich es mitgenommen habe. Schon auf den ersten paar Seiten avancierte es zu einem meiner absoluten Lieblingsbücher. Man kann aus so vielen verschiedenen Gründen lachen: dem Inhalt, den Dialogen, der Schreibweise oder einfach mal aus Selbstironie, denn nicht wenige Frauen werden sich in Nora wiederentdecken.

Ich kann leider nur geben, denn mehr ist ja nicht möglich…
Schade, dass es so schnell durchgelesen war….

Eine zusätzliche Überraschung befindet sich noch in dem Buch. Es liegt eine Postkarte mit dem Cover bei. Eine süße Idee, die mich zumindest sehr erfreut hat (da mir doch das Cover so gut gefällt 😉 )

Evelyn Holst – Dann geh doch
Ullstein Taschenbuch, Februar 2005
ISBN 9783548261454
288 Seiten
Taschenbuch; 5,00 Euro

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