Im Grunde tut mir die folgende Rezension jetzt schon weh. Ich glaube, das Buch hat wirklich Potenzial. Sogar wirklich viel Potenzial. Es hat mich aber wohl zu einer falschen Zeit gefunden. Ich habe tatsächlich über einen Monat gebraucht und habe tagelang gar keine Lust verspürt dieses Buch zu lesen. Wahrscheinlich stecke ich momentan in einer riesigen Leseflaute und da kam dieses Buch leider ungelegen.
Der titelgebende Held ist der Sohn des Co-Herzogs Solier. Rett Solier lebt leider gleich im ersten Kapitel ab (ebenfalls seine Frau und der halbe Hofstaat). Im Zuge des Putschs des anderen Co-Herzogs Gris verliert Trix nicht nur seine Eltern sondern auch das Schloss und das gesamte Vermögen. Nun ist er auf sich selbst gestellt in einer Welt, die voller Gefahren, Magie und mittelalterlichen Lebensbedingungen ist. Und wie es sich für einen richtigen kleinen Adligen gehört, hat er natürlich keine Ahnung vom Leben außerhalb der Schlossmauern.
Bis hier fand ich das alles noch ganz spannend, doch dann fing die große Langeweile für mich an. Trix reist gerade anfangs viel hin und her. Hinter jeder Ecke wartet jemand, der Trix vielleicht helfen will, vielleicht aber auch egoistische Beweggründe hat und ihm schlicht und ergreifend an den Kragen will. Am besten merkt man sich dann auch gleich die mitgelieferte Familien- und Ländereien-Geschichte dieser Leute. MUSS man aber nicht (wenn man es so macht wie ich), SOLLTE man aber, wenn man auch bis zum Ende noch wissen will, von wem kurz nochmal geredet wird. Auf seinem Weg findet er dann auch viele neue Freunde, die er oftmals vor Gefahren retten muss. Und sich selbst meist mit…
Ich bin ja der Meinung, dass das ganze Reisen in der Geschichte überbewertet ist. Es stellte einfach Längen dar, die für mich zäh waren wie Kaugummi.
Apropos Länge: Jedes Kapitel hatte exakt 30 Seiten +/-2 (außer die letzten beiden). Mehr als der Inhalt hat mich so manches Mal dieses Phänomen fasziniert. Hat Lukianenko vielleicht deswegen diese Längen? Weil er sonst nicht auf 30 Seiten gekommen wäre?
Was aber wirklich gut war, waren die ganzen Anspielungen. Manche Zaubersprüche waren an bekannte Gedichte angelehnt (Erlkönig und Zauberlehrling), manche Figuren hatten Namen, die mich zum Schmunzeln gebracht haben (wie der Koch Domac, der ein Fast-Food-Restaurant aufmachen will 😉 ) oder Anlehnungen an Filme und und und. Das macht das Buch eigentlich herzerfrischend und müsste einen oft zum Lachen bringen. Wie gesagt: MÜSSTE. Ich hab die Stellen gesehen und dachte auch, dass sie eigentlich recht lustig sind. Aber lachen konnte ich nicht. Ich wusste eben nur, dass ich es an dieser Stelle hätte tun sollen (und irgendwo auch wollen… aba irjendwie jing dit nich… schade!).
Auch ansonsten steckten überall liebevolle Ideen. Schöne Orte, tolle Figuren, eine süße Story über heranwachsende Jugendliche. Aber ich konnte das alles nicht ins Herz schließen. Ich wollte nur eins: das Buch endlich beenden.
Vor wem ich aber in dem Zusammenhang sehr großen Respekt habe, ist die Übersetzerin Christiane Pöhlmann. Lukianenko wird ja vieles an russische Filme/Märchen/Gedichte/Personen/Orte…. angelehnt haben. Aber für uns orientiert sich alles liebenswürdig an deutschen Sachen (und auch an amerikanischen).
Wenn man sich ganz viele Gedanken über das Buch machen will, findet man sogar viele kritsche Details. Es geht um politische Maßnahmen, die unmenschlich sind (für die heutige Zeit… das Buch spielt ja schon eher im Mittelalter), idiotische Bürokratie (eine fantastische Stelle übrigens. Trix durfte solange nicht zu einem Baron, bis er alle möglichen dämlichen Fragebögen ausgefüllt hat) oder auch nichtssagende Traditionen.
Besonders schön ist auch das Cover. Erst nach und nach hat sich alles für mich erschlossen: die Personen und die Zauberwesen. Alles klar. Nur der Apfel… den verstehe ich nicht. Aber gut. Sehr schön trotzdem! Hat auch eine alte Anmutung. Passend zum Inhalt.
Letztendlich hat mir aber der rote Faden gefehlt. Worum ging es denn nun genau in dem Buch? Um den Putsch, für den sich Trix rächen will? Um seine magischen Fähigkeiten? Um das Retten seiner Freunde? Hing alles irgendwie zusammen?
Und das Ende war dann schon arg konstruiert. Es war an sich logisch, hat mich aber trotzdem sehr enttäuscht. Man hätte das gleiche Ende mit anderen Gründen herbeiführen können. Und so richtig überraschend war das dann alles auch nicht mehr.
Zusammenfassend kann ich also sagen: Gute Grundidee, sympathische Figuren und fantastischer Schreibstil (inklusiver genialer Übersetzung). Aber die Story an sich war dann nichts Neues: Armer Waise reist herum und wird Zauberer. Kennt man, oder?
Vielleicht hätte mir das alles aber in einer normalen Lesephase totaaaaal gut gefallen. Ich glaube das sogar, denn eigentlich stehe ich auf solche Storys. Und das ist das, was ich eingangs erwähnt habe. DAS ist das, was ich an dem Buch besonders schlimm finde, ich hätte es mögen können. Aber genau dafür kann keiner was. Weder der Autor, noch die Übersetzung, noch die Lektorin. Nur die Leseflaute ist schuld!
Ich kann Trix Solier leider nur mit bewerten.
Sergej Lukianenko – Trix Solier – Zauberlehrling voller Fehl und Adel
Originaltitel: Nedotepa (2009)
Beltz & Gelberg, 2010
ISBN 9783407810748
581 Seiten
Gebunden; 17,95 Euro
Reihenfolge:
1. Trix Solier – Zauberlehrling voller Fehl und Adel – Originaltitel: Nedotepa
2. Trix Solier – Odyssee im Orient – Originaltitel: Neposeda
Jan 08, 2011 @ 22:17:29
Ich höre zur Zeit das Hörbuch zum Roman und finde es ganz toll. Das liegt allerdings auch daran, dass der Sprecher unglaublich gut ist.
Jan 08, 2011 @ 22:48:31
Mich hat es bisher noch nie gereizt ein Hörbuch zu hören. Vielleicht sollte ich das auch mal ausprobieren.
Jan 08, 2011 @ 23:44:06
Du hast wohl die gute alte Bibi vergessen? Oder zählt die kleine Hexe etwa nicht dazu? 😉
Jan 08, 2011 @ 23:52:18
😀 Ich hatte tatsächlich überlegt, ob ich schreibe, dass ich bisher nur Hörspiele kenne. Wollte dann aber seriös rüberkommen 😉